Das Management der Erdbebenkatastrophe offenbart die eklatanten Defizite der isolierten Regierung in Kabul.
Schwere Regenfälle, Erdrutsche und heftiger Wind haben den Hilfseinsatz der Retter aus Kabul und der anlaufenden Hilfe aus allen Teilen der Welt in der Erdbebenregion im Osten Afghanistans massiv behindert. Aus Katar und dem Iran landeten Transportmaschinen mit Hilfsmitteln in Kabul, aus Pakistan rollten LKW-Konvois an. Rettungswagen seien im Schlamm stecken geblieben, Hubschrauber in der unwegsamen Bergregion zur Umkehr gezwungen gewesen, berichteten lokale Helfer am Tag nach der Katastrophe, die zunächst mehr als 1000 Todesopfer gefordert hat. Die Dunkelziffer dürfte allerdings viel höher sein. Selbst die Kommunikation fiel weitgehend aus, weil das Beben auch Handymasten zum Einsturz gebracht hatte.
„Wir können das Gebiet nicht erreichen“, gab ein Sprecher der Taliban-Behörden zu Protokoll. Es ist ein Bekenntnis der Hilflosigkeit und der Infrastruktur-Schwäche der isolierten Islamischen Republik angesichts seiner größten Herausforderung zehn Monate nach der neuerlichen Machtergreifung am Hindukusch. Die internationale Gemeinschaft hat den Staat und seine Banken nicht zuletzt wegen der Repression gegenüber Frauen und der Verbannung von Mädchen aus den höheren Schulen mit Sanktionen belegt. Afghanistan – zuvor zu 75 Prozent von internationaler Hilfe abhängig – schlitterte in eine schwere Wirtschaftskrise.