Vor allem in Kroatien und Italien boomt die Nachfrage nach Auslandswohnsitzen.
Das mit dem Nein ist im Luxussegment so eine Sache. „Geht nicht, gibt's nicht“, heißt da für gewöhnlich die Einstellung, wenn es wenige bis keine finanziellen Limitierungen gibt. Das ist im Immobilienbereich nicht anders als etwa bei exklusiven Reisen. In den vergangenen zwei Jahren mussten aber auch jene, denen sonst wenig Materielles verwehrt bleibt, diverse Neins hinnehmen, und das in schöner Regelmäßigkeit – unter anderem bei den Urlaubsplänen. Wer das Weihnachtsfest 2020 oder mit der Familie luxuriös im Schnee geplant hatte, musste das mangels geöffneter Hotels genauso absagen wie die Flugreise nach Marbella oder Mallorca im Sommer darauf.
Grenzenlose Kauflust
Eine Situation, die noch während der Pandemie zu einem beispiellosen Run auf Luxusimmobilien in den Tiroler, Salzburger und Vorarlberger Hotspots sorgte, aber auch etwa am Gardasee oder an der oberen Adria die Bauträger vor einer Flaute bewahrte. Inzwischen geht die Kauflust der Österreicherinnen und Österreicher über die Nahziele hinaus, die Nachfrage nach internationalen Zweitimmobilien boomt – und das betrifft nicht nur Autoreiseziele. Auch wenn diese ganz besonders begehrt sind, wie Kevin Ferstl von Ferstl-Immobilien berichtet: „Wir konzentrieren uns vor allem auf Kroatien und Italien“, so der Makler, wobei Kroatien derzeit die stärkste Nachfrage verzeichne. „Das hat vor allem mit der sehr guten Entwicklung der dortigen Infrastruktur zu tun“, erklärt er. Außerdem schätzen die Käufer die Kombination aus Nähe und komplettem Urlaubsfeeling. Auch einstige Probleme mit unübersichtlichen Grundbuchstrukturen seien inzwischen gelöst, weiß der Makler: „Das dortige Grundbuchsystem ist mittlerweile sicher. Außerdem wickeln wir alles mit deutschsprachigen Notaren und über ein Treuhandsystem ab“, erläutert er.
Sehr populär sei Kroatien bei Seglern, „besonders dann, wenn jemand ein Haus kauft, von dem er seine eigene Jacht im Hafen sehen kann“, fügt der Makler hinzu und beschreibt damit, wie Luxus in dieser Community aussieht. In Italien habe sich vor allem Ligurien in den letzten Jahren zu einer gefragten Destination entwickelt, die allerdings eher per Flugzeug als mit dem Auto angesteuert wird und als Alternative zur Côte d'Azur an Bedeutung gewinnt: „Dort kosten die Villen eine bis zwei Millionen statt drei bis vier wie an der Côte d'Azur“, verrät der Immobilienkenner und ergänzt, dass diesen Abschlag viele gern in Kauf nehmen, weil sich der Lebensstil in Ligurien von jenem auf der französischen Seite nicht mehr viel unterscheidet.
Griechenland im Kommen
Peter Marschall, Inhaber von Marschall Immobilien, stellt ebenfalls eine große Nachfrage nach internationalen Ferienimmobilien fest. „Meiner Beobachtung zufolge geht diese nach wie vor in die Höhe“, sagt der Makler. Was er an drei Gründen festmacht: „Zum einen gibt es nach Corona eine große Sehnsucht nach internationalen Zielen; zum anderen haben die geschlossenen Hotels während der Lockdowns sicherlich dazu beigetragen, dass sich mancher überlegt hat, lieber in eine eigene Immobilie vor Ort zu investieren. Und dann sucht das Geld bei der derzeitigen stark steigenden Inflation natürlich einen sicheren Hafen“, so der Makler. Den finden Marschalls Kunden gern in Kroatien oder Italien, weil für viele immer noch die Devise „Je unabhängiger, desto besser“ gelte. „Aber auch Ziele wie etwa Sardinien sind im High-End-Bereich natürlich Topdestinationen, Griechenland ist momentan in diesem Segment ebenfalls sehr im Kommen.“

Immer schon da waren bei den Käufern das spanische Festland und die Inseln, die derzeit wieder einen Boom erleben. Neben Marbella sind traditionell die Balearen ein Lieblingsziel der Österreicher, ganz besonders Mallorca boomt seit Corona in Sachen Kaufimmobilien. So verzeichnete beispielsweise Engel & Völkers Mallorca 2021 mit einem Transaktionsvolumen von 891 Millionen Euro das umsatzstärkste Geschäftsjahr in seiner 30-jährigen Unternehmensgeschichte.
Rekorde auf den Balearen
Was Florian Hofer, Geschäftsführer von Engel & Völkers auf den Balearen und in Tirol, unter anderem auf die Renditen in Kombination mit Wohn- und Lebensqualität zurückführt. Aber auch auf die konstante Wertsteigerung: „Bei den durch uns verkauften Immobilien haben wir seit 2012 einen jährlichen Wertzuwachs von etwa neun Prozent“, berichtet Hofer. Das sorgt für eine beständige Nachfrage kaufkräftiger Europäer, die Mallorca als Ganzjahresdestination schätzen und bei der Objektsuche zunehmend auf Nachhaltigkeit und ökologische Qualitätsstandards achten. Letztere werden vom Markt tatsächlich immer stärker bedient: Laut Hofer korrespondieren die lokalen Nachhaltigkeitsinitiativen mit Mallorcas Ambitionen, sich als Vorreiter für Qualitätstourismus zu etablieren und eine führende Stellung im Mittelmeerraum als Wohn- und Reisedestination einzunehmen. In Zeiten der Pandemie hat die Baleareninsel aufgrund der guten Erreichbarkeit bei potenziellen Kunden aus aller Welt ohnehin Punkte gesammelt, und auch die neuen Arbeitswelten kommen ihr zugute.

„Infolge von Corona haben sich viele Käufer für einen strategischen Standortwechsel entschieden, um von hier aus remote zu arbeiten. Dementsprechend hat sich in den letzten beiden Jahren bei vielen vermögenden Kunden der Trend zu längeren Aufenthalten oder einem kompletten Umzug auf die Baleareninsel bestätigt“, konstatiert Hans Lenz, Geschäftsführer von Engel & Völkers Mallorca Südwest.
Wobei Ferstl feststellt, dass die Käufer in Sachen Lage, Lage, Lage immer individueller werden und es nicht mehr immer „der“ Hotspot sein muss. „Es geht weniger um den Place to be, vielmehr darum, wo ich die beste Lage für mich finde. Das kann im Weinberg oder mitten im Geschehen sein. Inzwischen gibt es luxuriöse Immobilien wirklich überall.
Viele Käufer hätten mit dem Ort des künftigen Eigentums bereits lange Jahre Erfahrung und entscheiden sich jetzt dafür, genau dort zu kaufen, wo sie schon immer gern Urlaub gemacht haben. Und nebenbei eben auch noch, das Kapital in einen sicheren Hafen zu bringen.
AUF EINEN BLICK
Reiche Deutsche, Schweizer und Österreicher suchen Ferienimmobilien außerhalb ihrer Grenzen hauptsächlich im Mittelmeerraum, heißt es in einer Analyse des Maklernetzwerks Engel & Völkers. In Griechenland stammen die meisten Käufer aus der D-A-CH-Region, gefolgt von Interessenten aus Frankreich und Großbritannien. Auf Mallorca stammt die Mehrzahl der ausländischen Suchenden aus Deutschland: 66 Prozent. Mit großem Abstand folgen die Briten: neun Prozent.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2022)