Immer mehr Bürger kehren nach der Frontverschiebung nach Kiew zurück. Man trifft Freunde. Die Cafés füllen sich. Die Staus werden länger. Doch Unsicherheit bleibt weiter Teil des Alltags.
Als Nadiia Koval in ihre Wohnung im Südwesten Kiews zurückkehrte, fand sie ihren geliebten Zitronenbaum ausgetrocknet vor. Er hatte ihre knapp dreimonatige Abwesenheit nicht überlebt. Die Orchideen waren ausdauernder. „Zähe Pflanzen“ seien das, sagt die 38-Jährige. Sie haben sich mittlerweile erholt.
Am Tag des russischen Angriffs verließ Koval mit ihrem Mann und der dreijährigen Tochter die Hauptstadt in Richtung Westukraine. In der Stadt Lwiw kam die Familie bei Verwandten unter. Als die russische Armee sich Anfang April aus dem Kiewer Gebiet zurückzog, wollte sie am liebsten sofort zurückkehren. Doch Bekannte rieten zum Abwarten. Seit dem 19. Mai lebt die Familie wieder in Kiew. Einen neuen Zitronenbaum hat Koval noch nicht. „Ich kaufe erst einen, wenn sicher ist, dass wir nicht noch einmal wegmüssen. Wenn der Krieg vorbei ist.“