Digitale Manipulation

Wiens Bürgermeister telefonierte mit Fake-Klitschko

Sein Gesicht wird missbraucht: Vitali Klitschko.
Sein Gesicht wird missbraucht: Vitali Klitschko.(c) APA/AFP/FABRICE COFFRINI (FABRICE COFFRINI)
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Michael Ludwig hatte ein Deepfake des Kiewer Bürgermeisters vor sich - und merkte es nicht. Im Gegensatz zu den Stadtoberhäuptern von Berlin und Madrid.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ist dieser Tage Opfer eines falschen Vitali Klitschko geworden. Der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Paul Ronzheimer machte am Samstag via Twitter darauf aufmerksam, und auch Ludwig selbst räumte nach einer Schrecksekunde ein, bei einem Video-Gespräch getäuscht worden zu sein. Der Kiewer Bürgermeister selbst reagierte ebenfalls und mahnte, sich für Kontakte mit ihm an die offiziellen Kanäle zu halten.

Ludwig wurde wie Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und Madrids Stadtoberhaupt José Luis Martinez-Almeida Opfer eines mutmaßlichen Deepfakes. Während die beiden Amtskollegen aber misstrauisch wurden und die Gespräche wegen seltsamer Themen (etwa dass viele Ukrainerinnen und Ukrainer sich Sozialleistungen erschleichen wollten) abbrachen, soll Ludwig laut Ronzheimer die Täuschung bei dem Videocall am Mittwoch nicht bemerkt haben.

Ludwig: "Es gab keine Indizien dafür"

"Es gab kein Gespräch mit dem Wiener Bürgermeister", zitierte der "Bild"-Journalist Klitschko. Ludwig selbst ließ dann wissen, dass es sich "mutmaßlich um einen schweren Fall von Cyberkriminaliät" handle. "Es gab keine Indizien dafür, dass das Gespräch nicht mit einer realen Person geführt wurde u. es zu hinterfragen", wurde seitens der Stadt betont.

Man ortete einen Fall von "digitaler Kriegsführung" mit dem Ziel, das Vertrauen in die Politik zu erschüttern und die Ukraine und ihre Unterstützer zu diskreditieren. "Wir überprüfen derzeit den Hergang und werden Maßnahmen treffen, um dieser neuen Form der Cyberkriminalität künftig zu begegnen", so die Verantwortlichen der Stadt Wien. Postings zur Videokonferenz würden umgehend gelöscht.

Gegenüber dem ORF meinte der Bürgermeister, der angebliche Kiewer Bürgermeister sei gegen Ende des Telefonats ungewöhnlich fordernd geworden. "Aber es hätte mich jetzt nicht dazu gebracht, jetzt irgendwie das zu hinterfragen", sagte er. "Nachdem in dem Gespräch keine verfänglichen Themen behandelt worden sind, ist das im konkreten Anlassfall sicher ärgerlich, aber kein großes Problem", meinte Ludwig.

Ronzheimer publizierte in der Folge auch noch eine Video-Reaktion des Kiewer Bürgermeisters. Dieser sprach darin von einem "falschen Klitschko", der sich bei mehreren Bürgermeistern gemeldet und "absurde Dinge" von sich gegeben habe. "Das ist kriminelle Energie. Es muss dringend ermittelt werden, wer dahinter steckt", so das - hoffentlich echte - Oberhaupt der Hauptstadt der Ukraine.

"Bitte passt künftig auf"

"Bitte passt künftig auf", mahnte er und riet, sich für offizielle Gespräche an offizielle Kanäle zu halten. Für Gesprächspartner, die auf Deutsch oder Englisch mit ihm kommunizieren wollen, hatte Klitschko einen Hinweis parat: "Ich brauche nie einen Übersetzer."

In Wien wurde das Missgeschick des Bürgermeisters mit Häme aufgenommen. "Jetzt hat auch Ludwig sein Ibiza", spottete FPÖ-Landeschef Dominik Nepp in einer Aussendung. Er verlangte die sofortige Veröffentlichung der gesamten Gesprächsaufzeichnung: "Es besteht der Verdacht, dass Ludwig vertrauliche Informationen weitergegeben und strategische Interessen Wiens verraten hat. Sollte sich dies bewahrheiten, ist sein sofortiger Rücktritt fällig."

"In den letzten Wochen wurde durch aktive Öffentlichkeitsarbeit auf die Möglichkeit von Deep Fakes hingewiesen", erklärte der Leiter der "Direktion Staatschutz und Nachrichtendienst" (DNS), Omar Haijawi - Pirchner, via Aussendung des Innenministeriums. "Dieses Phänomen ist nicht neu und durch den Ende Mai präsentierten Nationalen Aktionsplan werden gemeinsam mit der Justiz umfangreiche Maßnahmen - vor allem auch zur Sensibilisierung - gesetzt." Seine Behörde stehe im Vorfeld derartiger Gespräche gerne auch politischen Funktionsträgern beratend zur Seite. "Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man sich vor der Videokonferenz an den Staatsschutz wendet und kooperiert. In diesem Fall gab es keine Kontaktaufnahme mit dem Staatsschutz im Vorfeld", so Omar Haijawi - Pirchner.

(APA)

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