Pizzicato

Im Alpen-Zoo der Alphatiere

Ach, war das schön! Im bayerischen Postkartenidyll, unter weiß-blauem Himmel, mit Panoramablick aufs Wettersteingebirge und die Zugspitze, inmitten saftig-grüner Wiesen sinnierten Angela Merkel und Barack Obama beim G7-Gipfel vor sieben Jahren auf Schloss Elmau, dem „Luxury Spa Retreat and Cultural Hideaway“, über den Lauf der Welt. So ein Hideaway, das hat was.

Der Präsident saß auf einer Holzbank, und die Kanzlerin legte ihm die Bergwelt im alpinen Herrgottswinkel zu Füßen. Hinterher ging's zu einer zünftigen Brotzeit samt Weißbier, zum Sonntagsstammtisch im Freien mit Blasmusikuntermalung, umringt von Indigenen in Tracht und mit Hüten mit Gamsbärten und Federbuschen. Urgemütlich war das, kurz vor Beginn der Flüchtlingskrise.

Ihre Nachfolger wissen nun nicht mehr ein und aus vor lauter Krisen. Aber weil es damals allen so gut gefallen hat, lud Gastgeber Olaf Scholz wieder auf Schloss Elmau – nur noch vehementer abgeschottet von der Welt. Ein drei Meter hoher Zaun zieht sich durch Wald und Wiesen, und von außen nimmt sich die Konferenz der Alphatiere beinahe aus wie ein Alpen-Zoo – mit schillernden Paradiesvögeln wie Boris Johnson, mit Pfauen wie Emmanuel Macron und Justin Trudeau, mit Narendra Modi als exotischem indischen Weißbart-Tiger und Joe Biden als Weißkopfseeadler.

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2022)

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