Bayern

Präsident Selenskij spricht bei G7-Gipfel

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June 27, 2022, KRUEN: This handout picture made available by the Chigi Palace Press Office shows (L-R) Italy s Prime MinIMAGO/ZUMA Wire
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Am zweiten Gipfeltag der G7-Staaten in Bayern darf der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj das Wort ergreifen.

An Tag zwei des G7-Gipfels auf Schloss Elmau in Bayern will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij den Staats- und Regierungschefs der großen Industrieländer ins Gewissen reden. Der 44-Jährige soll am Vormittag per Video zu den Beratungen zugeschaltet werden. Bereits am Wochenende hatte er erneut mehr Militärhilfe für sein Land gefordert. Bei den G7 kündigte sich mit einem Importverbot für russisches Gold zudem eine Verschärfung der Sanktionen an.

Selenskij sieht die Ukraine in einer schwierigen Phase des Krieges. Erstmals seit drei Wochen wurde die Hauptstadt Kiew am Wochenende wieder mit Raketen beschossen. Außerdem gelang es Russland nach wochenlangem Kampf, die Großstadt Sewerodonezk im Osten der Ukraine unter Kontrolle zu bringen.

"Wir brauchen eine schlagkräftige Luftverteidigung - modern, voll wirksam", sagte er in der Nacht zum Montag in seiner täglichen Videoansprache. Jede Verzögerung von Waffenlieferungen an die Ukraine sei eine Einladung an Russland, weiter zuzuschlagen, meinte Selenskij. Die G7-Länder, zu denen Deutschland, die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan zählen, verfügten gemeinsam über so viel Potenzial, "um die russische Aggression gegen die Ukraine und Europa zu stoppen" sagte Selenskij.

Geschlossen gegen Putins Krieg

Am ersten Gipfeltag hatten die G7-Staaten bereits ihre Geschlossenheit im Kampf gegen Putins Krieg betont. "Uns eint der Blick auf die Welt, uns eint auch der Glaube an die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit", betonte Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz. Es sei wichtig, entschlossen und geschlossen zu handeln.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte am Abend in TV-Interviews, dass die Runde fest entschlossen sei, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie es nötig sei. "Denn das ist hier eine Frage, die uns alle in den Demokratien angeht. Die Autokraten dieser Welt beobachten sehr genau, was geschieht - und umso wichtiger ist es, dass wir als Demokratien die tapfere Ukraine unterstützen", sagte sie den ARD-"Tagesthemen". Von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel nehmen als Vertreter der Europäischen Union ebenfalls an allen drei Tagen am G7-Gipfel teil.

Trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sprach sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz für einen Erhalt der G20 aus, der auch Russlands Präsident Wladimir Putin angehört. "Eins ist klar: Die G20 müssen auch weiter eine Rolle spielen", sagte der SPD-Politiker am Montag im ZDF-"Morgenmagazin", zu dem er vom G7-Gipfel auf Schloss Elmau zugeschaltet wurde. Die Frage, ob er sich dort mit Putin an einen Tisch setzen werde, beantwortete Scholz nicht klar. Er verwies darauf, dass auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij von den indonesischen Gastgebern zu dem Gipfel eingeladen worden sei und sagte: "Wir werden am Ende die Entscheidung kurz vor der Abreise treffen müssen, weil ja die Weltläufe sich bis dahin sehr erheblich verändern können."

Vor Scholz hatte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegen einen Boykott des G20-Gipfels im Herbst ausgesprochen - auch wenn Putin am nächsten Treffen teilnehmen sollte. "Wir müssen sehr genau überlegen, ob wir die gesamte G20 lahmlegen, da plädiere ich nicht dafür", sagte von der Leyen am Sonntagabend im ZDF-"heute journal". "Meines Erachtens ist G20 zu wichtig, auch für die Entwicklungsländer, die Schwellenländer, als dass wir uns dieses Gremium kaputt machen lassen sollten auch wieder von Putin."

Gelöste Stimmung

Für Gesprächsstoff sorgte am Sonntagabend ein Bild an einer weltbekannten Holzbank: Die neun Gipfelteilnehmer posierten an eben jener Bank, an der beim G7-Gipfel 2015 ein ikonisches Foto entstand. Vor sieben Jahren saß dort der damalige US-Präsident Barack Obama, die Arme ausgebreitet auf der Lehne, während die deutsche Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ihn einredete.

Dieses Mal stellten sich die Gipfelteilnehmer in einer Reihe hinter der Bank auf, einige legten fast freundschaftlich die Arme über die Schultern des Nebenmannes, die Stimmung wirkte gelöst. Vor dem Fototermin fand eine Arbeitssitzung statt, bei der es um Außen- und Sicherheitspolitik und damit auch um den Krieg in der Ukraine gehen sollte.

Am Montag will Gastgeber Scholz nach dem Gespräch mit Selenskij den Beratungskreis erneut erweitern: Die Staats- und Regierungschefs der Gastländer Indien, Indonesien, Südafrika, Senegal und Argentinien sollen ab Mittag mit am Tisch sitzen. Die größere Runde will über die Klimakrise und über Gesundheit diskutieren. Scholz strebt einen internationalen Klimaclub mit den G7-Staaten als Kern an. In diesem soll die internationale Klimapolitik stärker abgestimmt werden, um zu verhindern, dass Wettbewerbsnachteile für Länder entstehen, die sich an strengere Vorgaben halten.

Drohende Hungerkrise

Drängendes Thema des erweiterten G7-Kreises dürften aber vor allem die wegen des Ukraine-Kriegs drohenden Hungersnöte sein. Laut dem Welternährungsprogramm stehen 50 Millionen Menschen weltweit kurz vor einer Hungersnot. Als katastrophal schätzt die UN-Organisation die Lage in Äthiopien, Nigeria, dem Südsudan, dem Jemen, Afghanistan und Somalia ein. 750.000 Menschen in besonders betroffenen Ländern droht demnach der Hungertod.

Ausgerechnet die Ukraine und Russland sind die größten Weizen-Exporteure weltweit. Normalerweise decken sie knapp ein Drittel des globalen Bedarfs - weil Russland die ukrainischen Häfen blockiert, kann viel Getreide aber nicht exportiert werden. Zu den Beratungen über die weltweite Nahrungssicherheit soll auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres zugeschaltet werden.

Der Gipfel der sieben wichtigen demokratischen Industriestaaten hat am Sonntagmittag begonnen und dauert noch bis Dienstag. Zur Gruppe der Sieben gehören neben Deutschland die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan.

(APA/dpa/Reuters)

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