Oper in München

Massenhysterie im Kloster: "Teufel von Loudon" in München

Wilfried Hösl
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Mit Pendereckis erstem, selten gespieltem Bühnenwerk „Der Teufel von Loudon“ begannen die Münchner Opernfestspiele. Simon Stone gelang eine aktualisierende Inszenierung des harten Stoffs.

Krzysztof Pendereckis „Teufel von Loudun“ werden wohl nie eine leichte Kost sein. Dennoch konfrontierte die Bayerische Staatsoper das Publikum gleich zu Beginn ihrer heurigen Opernfestspiele damit. Und reüssierte: Die Mehrzahl der Zuschauer stellte sich dieser Herausforderung und feierte die Ausführenden, Regisseur und Bühnenbildner inklusive, lang und frenetisch. Nur wenige verließen zwischendurch die Aufführung. Für sie war dieser Thriller, hinter dem sich ein tragisches menschliches Passionsspiel verbirgt, offensichtlich zu viel.

Man kann es nachvollziehen, denn die im Frankreich des frühen 17. Jahrhunderts spielende Geschichte ist tatsächlich starker Tobak: Jeanne, die durch einen Buckel gezeichnete Priorin eines Ursulinenklosters, ist dem feschen, liberalen Jesuitenpater Grandier verfallen. Um ihn ständig in ihrer Nähe zu haben, bietet sie ihm an, Beichtvater in ihrem Kloster zu werden. Als er absagt, ergeht sie sich in sexuellen Fantasien, zeiht ihn der Verhexung ihrer Mitschwestern, beschwört eine Massenhysterie herauf. Selbst ein heftiger Exorzismus kann nicht Abhilfe schaffen, vielmehr erweisen sich die Anschuldigungen als perfides Lügengebäude.
Vorerst scheint Grandier der über ihn fies ausgeworfenen Schlinge entkommen. Aber nicht nur der mit ihrer Sexualität nicht zu Rande kommenden, wegen ihres Aussehens an Minderwertigkeitskomplexen leidenden Priorin ist dieser priesterliche Freigeist ein Dorn im Auge, auch den kleinkarierten Bürgern seiner Stadt. Sie missgönnen ihm seine Erfolge beim weiblichen Geschlecht. Allein damit kann man ihn nicht zu Fall bringen. Da kommt zupass, dass sich Grandier auf die Seite der Gegner der Schleifung der Stadtmauern von Loudun stellt. Sie hatte der einflussreiche Kardinal Richelieu befohlen, um der möglichen Gefahr einer Hugenotten-Enklave zu begegnen.

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