Wiener Ansichten

Sonnwendviertel: Von der Aussicht in Zeiten der Cholera

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Eine neue Wohnhausanlage und ein Stück Kunst im öffentlichen Raum: Besuch in Favoriten.

Petra Winkler

Schöne Aussichten“ im Sonnwendviertel? Was manchen (allzu?) Stadtteil-optimistisch klingen mag, werden andere womöglich für bloße PR-Chuzpe halten. Doch da steht sie, die Wohnhausanlage, von ihrem Bauträger „Schöne Aussichten“ genannt, in der Maria-Lassnig-Straße 38–40, und wer sich an Blicken auf einen biederen 1950er-Gemeindebau oder in die Gleissteppen östlich des Hauptbahnhofs freuen kann, der wird auch wortwörtlich mit den hiesigen Aussichten zufrieden sein. Ganz abgesehen vom Wohlgefühl, den ein Hauch von Zuversicht (und sei er auch nur Marketing-getrieben) in Zeiten, da primär Weltuntergänge aller Art beschworen werden, schon für sich verbreitet.
An Tage, die vielen gewiss – und aus guten Gründen – nicht weniger düster schienen, erinnert ein Stück Kunst im öffentlichen Raum, das sich hier findet. Den Durchgang, der das Straßenaußen mit dem Hofinneren verbindet, hat der aus Scheibbs gebürtige Maler Moussa Kone als Reminiszenz an ein tragisches Kapitel hiesiger Lokalgeschichte gestaltet: an die Choleraepidemien des 19. Jahrhunderts, die in dichter Folge Europa wie insbesondere Wien traktierten, ohne dass man anfangs auch nur im Mindesten verstand, wie der vielfachen Tod bringenden Plage zu begegnen sei.

Erst nach Jahren stellten sich miserable Trinkwasserversorgung und das Fehlen eines Kanalsystems als Ursachen der pandemischen Verbreitung des Cholerabakteriums heraus. Und: Wiens Stadtväter handelten entsprechend. Via Hochquellwasserleitung wurde Gebirgswasser in die rasend wachsende Metropole geleitet, zudem wurden jene Kanäle geschaffen, von denen sich einer genau unter besagtem Durchgang befindet.

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