Evolution

Haben Viren das Hirn von Mensch und Tintenfisch geprägt?

Wenn Relikte von Viren durchs Genom springen, können sie einiges bewirken – offenbar auch im Nervensystem intelligenter Arten.

Viren haben, nicht erst seit dieser Pandemie, keinen guten Ruf. Verständlich: Sie nützen uns selten und schaden uns oft. Doch gerade durch ihre unverschämte Art, ihr Erbmaterial in alle möglichen Zellen zu schleusen und dort wild in deren Erbmaterial einzuschneiden, haben sie immer wieder in die Evolution höherer Lebewesen eingegriffen. Manchmal so, dass man im Nachhinein fast dankbar sagt: Wenn es dieses oder jenes Virus einst nicht gegeben hätte, würde es uns heute – zumindest so – nicht geben.

Ein Beispiel ist die Entstehung der Plazentatiere, zu denen auch wir gehören. Das Organ, das sie auszeichnet, die Plazenta, verdankt seine Entstehung einem Gen, das von einem Virus abstammt. Dieses ist im tierischen Genom quasi sesshaft geworden – endogenes Retrovirus nennt man das –, seine Relikte springen aber mitunter in diesem Genom noch wild herum und bringen dabei einiges durcheinander. Kreative Disruption sozusagen, diesfalls beteiligt an der Genese der Schwangerschaft.
Solche von Viren abstammenden mobilen DNA-Stücke sind auch im menschlichen Genom stark vertreten, besonders häufig ist eines namens Line (von „Long Interspersed Nuclear Element“). Seit einigen Jahren häufen sich Hinweise darauf, dass Line-Elemente eine Rolle in der – individuellen! – Entwicklung des Hirns spielen und für Lernen und Gedächtnis wichtig sind. Dafür spricht, dass sie im Hippocampus, einem Sitz des Gedächtnisses, besonders aktiv sind.

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