"Dickicht von Patenten für Pflanzen blockiert Züchtung"

Mais
Mais(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Vor dem Europäischen Patentamt in München protestiert die Organisation „No patents on seeds!“ am Mittwoch. Die Möglichkeit für Züchtungen droht eingeschränkt zu werden.

Nach dem Durchforsten von 300 Patentanträgen haben die Experten der Nicht-Regierungs-Organisation „No patents on seeds!“ einen Überblick gewonnen, der am Mittwoch veröffentlicht wird. Der verheiße nichts Gutes, sagt Christoph Then, Sprecher der Organisation. Er drohe ein „Dickicht von Patenten“, meint er.

Vom Europäischen Patentamt in München sind nämlich konventionell gezüchteter Mais mit zufälligen Mutationen und die Verwendung natürlich vorkommender Genvarianten unter Schutz gestellt worden. Hier werde kein Verfahren geschützt, sondern lediglich beobachtet, was sich in der Natur durchsetzt: „Da werden mehrere Sorten angepflanzt und die, die am Acker die beste Performance bringt, wird dann als Patent eingereicht.“ Then sieht darin einen Präzendenzfall, der dazu führen könne, dass die freie (= unentgeltliche) Züchtung erschwert oder überhaupt unmöglich gemacht werde.

„Schreiende Pflanzen“ als Skulpturen

Vor diesem Hintergrund protestieren am Mittwoch Vormittag Vertreter von „no patents on seeds!“, „Arche Noah“, „Keine Patente auf Leben", Bund Naturschutz in Bayern, des Umweltinstituts München und des deutschen „Dachverbands Kulturpflanzen und Nutztiervielfalt“. Zur Kundgebung vor dem in München angesiedelten Patentamt sind auch Skulpturen aufgestellt worden, die „schreiende Pflanzen“ darstellen sollen.

In dem Bericht sind die bisherigen Recherchen über bestehende Patente veröffentlicht worden. Ausgewertet wurden etwa 300 Anträge, von denen etwa ein Drittel konventionelle Züchtung betreffen (die übrigen behandeln gentechnische Verfahren). Bei mehr als zwei Dutzend geht es um Genvarianten. Insgesamt, so heißt es, sei die Ernährungssicherheit gefährdet, wenn die Verwendung von konventionellen Pflanzen durch Patente eingeengt wird.

Patent-Verbot auf konventionelle Pflanzen gefordert

Dagmar Urban, „Politik“-Bereichsleiterin bei der österreichischen NGO „Arche Noah“: „In Zukunft wird die Weiterzüchtung noch wichtiger – um Pflanzen resilienter gegen Hitze und Trockenheit zu machen".

Die NGOs fordern, dass Patente auf konventionelle Pflanzen verboten werden. Die Patente sind in der Hand von einigen wenigen internationalen Lebensmittelkonzernen; einer von ihnen – Syngenta – ist 2017 vom Staatskonzern Chemchina übernommen worden.

„Es kann vorkommen,“, so Urban weiter, „dass jemand es erst gar nicht versucht, mit Pflanzenzüchtung zu beginnen – aus Furcht davor, dass ein Patentanwalt eines Lebensmittelkonzerns auftaucht und eine Klage einbringt.“

Beschluss und Schlupflöcher

Innerhalb der Europäischen Patent-Organisation hat das Europäische Patent Büro 2017 auch beschlossen, dass es keinen Patentschutz für konventionelle Pflanzen und Tiere geben solle. Allerdings gibt es bei den Definitionen nach wie vor Schlupflöcher, sodass Patente eingereicht und zugesprochen werden.

Das Patentamt unterliegt nicht der EU-Kommission, es gibt auch keine direkte Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs. Die EU-Kommission tritt ebenfalls für ein Verbot solcher Patente ein; außer den 27 Mitgliedsstaaten sind in der Organisation des Europäischen Patentamts aber auch elf weitere Staaten Mitglied, was auf Ministerebene Entscheidungen schwer macht.

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