Doku Umarow – Kadyrows Erzfeind

Doku Umarow ndash Kadyrows
Doku Umarow ndash Kadyrows(c) BilderBox.com
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Der Terrorpate ist Chef eines virtuellen Reichs. Nach Spaltungen ist sein Einfluss umstritten.

Mit dem Status des tschetschenischen Terroristen Doku Umarow ist es ein wenig wie mit seinem islamistischen „Kaukasischen Emirat“. Supranational soll diese Vereinigung sein, dabei erreichte sie in der Realwelt nie ihr Ziel, existiert vielmehr virtuell über die Site (KavkazCenter) des Rebellen. Auch bei Umarow selbst wusste man nicht immer so recht, wo er ist, welchen Status er unter den islamistischen und separatistischen Kaukasusrebellen hat und ob er überhaupt noch lebt. Der moskautreue Präsident von Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, der viele Rebellen zur Aufgabe gezwungen oder einfach vernichtet hat, hat etwa im Vorjahr wissen lassen, dass er auch Umarow noch 2009 zur Strecke bringen wird. Alle Todesmeldungen mussten allerdings revidiert werden.

Aber auch Umarow selbst musste schon mal revidieren. Am 2. August 2010 nämlich war im Internet eine Erklärung in seinem Namen aufgetaucht, er lege das Amt des Emirs im Emirat freiwillig zurück. Tags darauf dementierte er die Erklärung, die seinen Worten zufolge gefälscht war. Auch entließ er seinen Chefpropagandisten Movladi Udugov, der übrigens einigen Aussagen zufolge die treibende Informationskraft gewesen sein soll, dass der Mord am Wiener Tschetschenenflüchtling Umar Israilov in der Öffentlichkeit mit Präsident Kadyrow als mutmaßlichem Auftraggeber in Verbindung gebracht wird. Kadyrow selbst hat im vorjährigen Interview mit der „Presse“ auf solche Zeugenaussagen hingewiesen.

Zurück zum Emir Doku Umarow: Nach seinem Rücktrittsdementi, mit dem erstmals ein Konflikt innerhalb des Rebellenuntergrundes zutage trat, folgte am 7. Oktober die tatsächliche Spaltung. Die Rebellen versagten Umarow den Eid, weil er angeblich zu autoritär regiere und sie selbst dem Widerstandskampf wieder eine separatistischere Note geben wollen, und wählten als neuen Emir Chusein Gakajew, auf den Kadyrow 250.000 Euro Kopfgeld ausgesetzt hat.

„Zahnloses Wesen“. Umarow sei ein „zahnloses, erbärmliches Wesen, das irgendwo in seiner Höhle sitzt und zittert“, meinte Kadyrow: Um sich Bedeutung zu verleihen, würde er sich zu jedem Anschlag, der passiert, bekennen. Tatsächlich gingen viele Terroranschläge in Russland auf sein Konto, zuletzt jene zwei in der Moskauer U-Bahn im März mit 38 Todesopfern. Der 46-jährige Vater von sechs Kindern ist seit Beginn der 90er-Jahre im Kampf für die Loslösung von Moskau aktiv. Er gilt als klug und war zwischendurch Chef des Sicherheitsrates in der gemäßigten Untergrundregierung für ein unabhängiges Tschetschenien (genannt Itschkerien). Von 2006 bis 2007 war er Präsident ebendieser Untergrundregierung, ehe er sein eigenes islamistisches „Emirat“ gründete. Über den verbliebenen Einfluss Umarows sind die Meinungen geteilt.

In Österreich übrigens wollte ein angesehener Anhänger Umarows Informationen der „Presse“ zufolge das Begräbnis von Israilow im Vorjahr als Plattform für einen politische Auftritt nutzen, wurde aber von führenden Tschetschenen in Österreich zur Zurückhaltung aufgefordert und wechselte später auf die Seite Kadyrows.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2010)

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