Stiften Verwirrung

Britische Abgeordnete sollen Babys nicht mit ins Parlament bringen

Labour-Abgeordnete Stella Creasy hat dafür appelliert, mehr Teilhabe für Abgeordnete mit kleinen Kindern zu ermöglichen.
Labour-Abgeordnete Stella Creasy hat dafür appelliert, mehr Teilhabe für Abgeordnete mit kleinen Kindern zu ermöglichen.APA/AFP/HANDOUT
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Wenn Abgeordnete ihren Nachwuchs mitgebracht hätten, habe dies zu "einiger Verwirrung" und zu einer Schere zwischen den Regeln und der Praxis geführt, heißt es in einer vom zuständigen Ausschuss veröffentlichten Weisung. Es gibt allerdings einen gewissen „Ermessensspielraum“.

Strenge Vorschriften in Westminster: Die britischen Abgeordneten sollen ihren Nachwuchs, wenn möglich, nicht ins Unterhaus, in Ausschüsse oder die Westminster Hall bringen, wenn sie dort die Abläufe verfolgen oder sich einbringen wolle. So heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Weisung des zuständigen Ausschusses. Es dürfe allerdings eine Art "Ermessensspielraum" geben, der von den jeweiligen Vorsitzenden "sparsam" angewandt werden solle.

Die Regeln waren auf Bitten des Unterhaussprechers Lindsay Hoyle neu geprüft worden, nachdem die Labour-Abgeordnete Stella Creasy sich über ein mahnendes Mail der Parlamentsverwaltung empört hatte. Sie hatte zuvor vereinzelt ihr Baby mitgebracht und war sogar für dessen gutes Benehmen gelobt worden. Die Politikerin rief dazu auf, mehr Teilhabe für Abgeordnete mit kleinen Kindern zu ermöglichen. Nach der Veröffentlichung der neuen Weisung kritisierte Creasy, der zuständige Ausschuss habe dafür keinerlei externe Meinungen eingeholt. "Veränderung kommt nur zustande, wenn wir denen zuhören, die sich außerhalb des Status Quo befinden", sagte sie.

In der Begründung des Ausschusses hieß es, dass Babys grundsätzlich nicht in der Kammer dabei sein sollten, sei "langjährige Praxis". Zwar habe es Fälle gegeben, in denen Abgeordnete ihren Nachwuchs mitgebracht hätten, ohne dass es die Abläufe gestört hätte - allerdings habe es doch zu "einiger Verwirrung" und zu einer Schere zwischen den Regeln und der Praxis geführt.

Diskussion auch in Österreich und Deutschland

In Deutschland wurde kürzlich ebenfalls über Babys im Bundestag diskutiert, nachdem der Grünen-Politiker Anton Hofreiter seinen kleinen Sohn mit in eine Ausschusssitzung genommen hatte. In den sozialen Medien begrüßten einige das als "fortschrittlich", andere hingegen kritisierten, der Grünen-Abgeordnete wolle nur Werbung in eigener Sache machen.

In Österreich sorgte die Grün-Abgeordnete Christine Heindl im Jahr 1990 für Aufsehen, als sie ihr Baby während einer Plenarsitzung des Nationalrates stillte. Der damalige Nationalratspräsident Rudolf Pöder (SPÖ) rügte die Abgeordnete für die "unzumutbare Belastung für das Kind", verwies unter dem Gelächter der Abgeordneten auf die Hausordnung, wonach Kinder ohne 14 Jahre keinen Zutritt zu den Sitzungssälen haben. Weiters sagte er: "Es befindet sich ein Arzt im Haus. Ich schlage Ihnen vor, Ihr Kind heute diesem in Obhut zu geben, für weitere Sitzungen aber Vorsorge für eine anderweitige Betreuung zu treffen."

Spätere Baby-Auftritte im Nationalrat - etwa im September 2019, als die SPÖ-Mandatarin Elisabeth Feichtinger mit einem Säugling im Arm im Plenarsaal gesichtet wurde - wurden von entspannter gesehen. Und als die Grün-Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill bei der Angelobung im Oktober 2013 ihre sechs Monate alte Tochter in den Sitzungssaal mitnahm, sorgte nicht sie für einen Eklat, sondern ihr mit Kapuzenpullover, Jeans und Turnschuhen allzu leger bekleideter Klubkollege Julian Schmid.

(APA/dpa)

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