Gastkommentar

Ein „Fleck“ für diese Klimapolitik

Ein Fortschritt, aber kein zufriedenstellender: Parents for Future vergeben zum Schulschluss Noten an die Politik.

Warum nur die Leistung der Schüler?innen beurteilen? Wir von Parents for Future nehmen den Schulschluss zum Anlass für eine Bewertung der Fortschritte in der österreichischen Klimapolitik.

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Aber zunächst zur Wissenschaft, die ihre Hausaufgaben gemacht hat: Der sechste Weltklimarat-Bericht trägt die weltweiten Forschungsergebnisse zusammen, aufgenommen werden nur abgesicherte Fakten. Demnach muss für die Erreichung des 1,5-Grad-Ziels aus dem Pariser Klimaabkommen in nur drei Jahren der jährliche weltweite Treibhausgas-Ausstoß das Maximum erreicht haben und bis zum Jahr 2050 auf netto null sinken. Die Wissenschaftler?innen sagen, dass ein Klimakollaps bis zum Ende des Jahrhunderts nur durch rasche und effektive Maßnahmen vermieden werden kann.

Nun zur österreichischen Politik: Die ökosoziale Steuerreform (Mankos: keine Abschaffung fossiler Subventionen, viel zu geringer CO2-Preis) wurde beschlossen. Ebenso beschlossen wurden Klimaticket, Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und Förderungen für Fotovoltaik, Wohnraumsanierung und Heizungstausch. Das Straßenausbauprogramm wurde zwar auf Bundesebene evaluiert und der Straßenbau teilweise gestoppt, Landespolitiker?innen bekämpfen diese Entscheidung jedoch auf das heftigste.

Offen bleiben das Energieeffizienzgesetz sowie seit über 500 Tagen das Klimaschutzgesetz (KSG), das einen CO2-Ausstiegspfad mit regelmäßiger und unabhängiger Überwachung sowie verbindlichen Regelungen bei Nichteinhaltung vorsehen sollte.

Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das unter anderem den Ausstieg aus fossilen Heizungen regelt, ist bis 10. 7. 2022 in Begutachtung. Die darin vorgesehenen Regelungen für Öl- und Kohleheizungen entsprechen dem wissenschaftlichen Konsens. Für Gasheizungen ist vorgesehen, dass diese bis 2040 durch ein modernes Heizsystem mit erneuerbarer Energie ersetzt werden. Auf Druck der ÖVP wurde Biogas als Alternative aufgenommen. Doch Biogas ist aus energetischen Gründen für Heizungen zu kostbar, da es die Industrie in Hochtemperaturprozessen (etwa in der Stahl-, Papier-, Chemie- und Zementindustrie) dringend benötigt. Fachleute meinen, dass Biogas viel zu knapp und teuer sein wird, um es als Raumwärme zu nutzen.

Wirtschaftsvertreter bremsen

Insbesondere Wirtschaftskammer (WK) und Industriellenvereinigung (IV) blockieren. Die WK spricht beim KSG von einer „ideologiegetriebenen Bestrafungsfantasie“ und berichtet stolz über das Rausverhandeln fossiler Subventionen wie des Dieselprivilegs. Die IV fordert einen sofortigen Belastungsstopp („Gesetzesvorhaben dürfen nicht zu einer Belastungslawine der Industrie werden“) und lehnt Klimaschutz im Verfassungsrang ab. Die Bundesländer sträuben sich gegen die Energie- und Verkehrswende. Fast keine Flächen sind in der Raumplanung für Wind- und PV-Anlagen ausgewiesen. Vorarlberg, Tirol und Salzburg verfügen über kein einziges Windrad, in Kärnten stehen nur zwei. Für die Verkehrswende ist die Raumplanung unzureichend, Stellplatzverordnungen schreiben bei Neubauten Autoparkplätze vor. Die Autolobby jubiliert darüber und über das fehlende Aus für fossil betriebene Fahrzeuge.

Fazit: Die Wissenschaftler_innen haben die Pflicht erfüllt – Sehr gut! Die Politiker?innen jedoch bewerten die Klimakrise nicht wie eine (wissenschaftlich bestätigte) existenzbedrohende Krise. Zu stark sind die fossilen Interessen. Trotz Teilerfolgen gibt es angesichts der zeitlichen Dringlichkeit ein Nicht genügend für die Gesamtperformance. Gern hätten wir eine bessere Note vergeben. Weil wir unsere Kinder lieben.

Parents for Future ist ein freier Zusammenschluss von Erwachsenen, die die „Fridays for Future“-Bewegung unterstützen.

Mehr Infos: www.parentsforfuture.at

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2022)

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