Wissenschaft

Dur stimmt froh, Moll trüb? Nur uns im Westen

Musiker in Papua-Neuguinea, wo die Universalität der Dur/Moll-Gefühle de facto widerlegt wurde.
Musiker in Papua-Neuguinea, wo die Universalität der Dur/Moll-Gefühle de facto widerlegt wurde. Imago stock&people
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Tanz in Moll, Trauermarsch in Dur: Die Klassik kann überraschen. Nun zeigt eine Studie: Wie Harmonien und Tonhöhen wirken, ist nicht universell.

Musikstücke in Dur empfinden wir als heiter und freundlich, solche in Moll sind düster und tragisch: Das gilt als Binsenweisheit. Kenner können zum Beweis eine kurze Klavier-Bagatelle des jungen Beethoven heranziehen, die den Titel „Lustig – traurig“ trägt: Der lustige Teil steht in C-Dur, der traurige in c-Moll. Kein Mensch würde die Adjektive anders zuordnen. Aber selbst in unserem Kulturkreis, wo derlei Dinge als unverrückbar gelten, staunen Musikfreunde oft nicht schlecht, wenn man sie darauf hinweist, dass Klänge, die sie als durchaus positiv und animierend empfinden, in Moll stehen. Nehmen wir die sonnige „Italienische Symphonie“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Sie hebt zwar in spritzigem A-Dur an, mündet aber in ein rasantes Tanzfinale nach Art einer Tarantella – und die steht konsequent in a-Moll. Niemand denkt beim Applaus nach dem Schlussakkord daran.

Umgekehrt hat Nikolaus Harnoncourt gern darauf verwiesen, dass einer der bewegendsten Trauermärsche der Musikliteratur, jener aus Georg Friedrich Händels „Saul“, in C-Dur steht. Und auf dem innigen, melancholich-tröstlichen Höhepunkt von Johannes Brahms' „Deutschem Requiem“ singt der Sopran die Worte „Ihr habt nun Traurigkeit“ in der Volksliedertonart G-Dur – und dennoch schnürt es dem Hörer in diesem Moment die Kehle zu. Brahms, der Autografensammler, besaß übrigens auch einen handschriftlichen Brief Mozarts, in dem er einen Freund mit den Worten begrüßt: „Gelt das Moll tut dir wohl“. Von Haydn gibt es gar eine „Trauersymphonie“, deren zentrales „trauriges“ Adagio in E-Dur steht.

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