Der Mediator

Das neue alte Feindbild eint die Nato

Russlands Präsident Wladimir Putin gibt sich oft kriegerisch, hier in einem Panzer des Typs T-90AM.
Russlands Präsident Wladimir Putin gibt sich oft kriegerisch, hier in einem Panzer des Typs T-90AM.(c) AFP via Getty Images (POOL)
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In westlichen Medien wird das Ergebnis des Gipfels in Madrid begrüßt. Es ging dem Atlantischen Bündnis dort nicht nur um die Erweiterung in Nordeuropa, sondern vor allem auch um Truppenaufstockung gegen die russische Bedrohung.

Das westliche Verteidigungsbündnis dürfte bald nicht nur zwei neue Mitgliedsstaaten haben, sondern auch ein altes Feindbild aus der Zeit des Kalten Kriegs erneuern. Finnland und Schweden sollen der Nato beitreten, Russland wird wegen des brutalen Überfalls auf das Nachbarland Ukraine stigmatisiert. Die 30 Nato-Verbündeten wollen aus Gründen der Eindämmung von Moskaus Aggression ihre Truppen im Osten massiv verstärken. Das ist ein wesentliches Ergebnis ihres Gipfels in Madrid (sieht man von einer durch die USA forcierten Warnung an China ab und von Sonderwünschen der Türkei zur Oppression der Kurden, ehe Ankara die Erweiterung ratifizieren will).

„Ostflanke“. Wie hat die internationale Presse auf das Treffen des mächtigsten Militärbündnisses der Welt reagiert? Was meint man dazu in der neutralen Schweiz? „Die Nato definiert Russland als Feind“, befand die „Neue Zürcher Zeitung“. Es sei nicht nur um die Norderweiterung gegangen. „Die Allianz fährt ihr Verteidigungspotenzial an der Ostflanke hoch.“ Alle Mitgliedsstaaten stünden nun wegen der massiven Aufstockung der Eingreiftruppe in der Pflicht. Den Worten müssten Taten folgen. Die dramatische Vergrößerung der raschen Eingreiftruppe auf 300.000 Mann entspreche immerhin fast einer Verachtfachung der Kräfte. Dafür „müsste jedes Mitgliedsland nach derzeitigem Stand mindestens einen Zehntel seiner Truppen abstellen“.

Wer die Führungsrolle bei der Eindämmung Russlands übernehme, ist für die „Welt am Sonntag“ klar. Die USA: „Onkel Joe und die europäischen Zwerge“ lautet der Titel zum Thema der Woche. Die Europäer seien militärisch zu schwach. „Kanzler Scholz verspricht Besserung – aber muss jetzt liefern.“ Immerhin habe man in Madrid „Geschlossenheit und Tatkraft demonstriert“. Es gebe jedoch noch Vorbehalte. „Einer ist Erdogan“, der türkische Staatspräsident. Ein weiterer: Die Bundeswehr werde erst in einigen Jahren in kleinerem Umfang kampfbereit sein. Und bei den meisten anderen Europäern sehe es nicht besser aus.

Für „The Economist“ ist die Nato „Back in business“. Der Gipfel in Madrid sei für sie der wichtigste seit Jahrzehnten gewesen, nicht nur wegen der Erweiterung: „Russlands Invasion der Ukraine hat Europas Sicherheit gekippt. Als Reaktion darauf wird die Nato wachsen und bulliger werden.“ Es gehe darum, Russland und China daran zu hindern, die internationale Ordnung mit autoritären Methoden zurückzudrängen. Das neue Konzept der Nato sei ein altbewährtes: „Die Philosophie des Kalten Krieges mit seiner Vorwärtsverteidigung.“ Künftig werde auf Invasionen bereits im Ansatz reagiert.

Für „La Repubblica“ hat die Invasion der Ukraine durch russische Truppen eine Identitätskrise des Nordatlantikpaktes gelöst. „Stets gilt das Prinzip, dass Militärbündnisse einen Feind brauchen, um zu funktionieren. Wladimir Putin hat diese Rolle vollkommen übernommen . . .“ Die Nato scheine für westliche Demokratien die vernünftigste Wahl für Sicherheit zu sein.

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