Leitartikel

Schweigen – die beste SPÖ-Comeback-Strategie

Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker.
Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker.(c) imago images/SEPA.Media (Martin Juen via www.imago-images)
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Die SPÖ will die Rechnungshof-Präsidentin erst absetzen, um sie dann wieder einzusetzen. Die roten Argumente gegen mehr Transparenz in den Parteifinanzen sind allerdings ziemlich durchsichtig.

Erinnert Sie die Innenpolitik manchmal an Kafka? Mich schon. Etwa wenn vom Krieg überraschte Ukrainer Strafe zahlen müssen, weil sie – da zu früh eingereist – illegal in Österreich sind, wie das Innenministerium erklärt.

Ein anderes Beispiel lieferte vergangene Woche die SPÖ. Sie will die Rechnungshof-Präsidentin ab- und mit Zweidrittelmehrheit wieder einsetzen. Begründung: Man wolle „ihren Legitimationsgrad erhöhen“.

Die SPÖ-Forderung hat viele verdutzt. Sollte sie aber nicht. Denn es handelt sich um ein wiederkehrendes rotes Muster. Sobald die ÖVP knietief in der Krise steckt, muss die SPÖ daran erinnern, dass sie auch noch da ist. Indem sie nun auf den letzten Metern zum neuen Parteiengesetz, das eine Einschau des Rechnungshofs in die Parteifinanzen ermöglichen soll, Hürden erfindet, ruft sie quasi laut winkend: Seht her, wir haben etwas zu verstecken.

Denn die vorgebrachten Argumente sind fadenscheinig. Noch Anfang Mai verlangte die SPÖ, dass erst für künftige Wahlen der Rechnungshof-Präsidenten eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat erforderlich sein soll. Nun will man diese sofort, mitten in der Amtsperiode. Was jetzt anders ist als vor zwei Monaten? Konnte man nicht erklären. Auch in anderer Hinsicht war die Aktion ein Schuss ins Knie: Würde eine umstrittene Person dem Rechnungshof vorstehen, könnte man die SPÖ noch irgendwie verstehen. Aber Margit Kraker? Spätestens seit sie der ÖVP den Wirtschaftsprüfer ins Haus geschickt hat, gilt sie offiziell als farbenblind – auch wenn sie über ein ÖVP-Ticket zum Job gekommen ist. Die SPÖ betont ja selbst, dass Kraker „außer Streit“ stehe. Also wozu das Ganze?

Blöd für die SPÖ auch, dass laut Parteifinanzexperten die Regierung die SPÖ für die Kompetenzerweiterung des Rechnungshofs doch nicht braucht. Es ginge, so heißt es, auch ohne Zweidrittelmehrheit. Die SPÖ geht nun in sich und überlegt, wie weiter.

Der Imageschaden pickt aber. Und das, obwohl die (ja auch erfüllte) Forderung nach einem neuen Bestellungsmodus eine gute ist. Zur Erinnerung: Kraker kam mittels beinharter Taktik der ÖVP zu ihrem Posten. Das Glück war nur, dass die Partei die Emanzipation ihrer Kandidatin nicht vorhergesehen hatte.

Was das taktische Ungeschick der SPÖ aber zeigt: Die rote kommunikative Defensive hat schon ihren Sinn. Journalistinnen klagen zwar darüber, dass die Parteichefin selten Interviews gibt und lieber im Safe Space, also im hauseigenen Roten Foyer, spricht oder Reden zur Lage der Nation hält. Aber man stelle sich vor, Pamela Rendi-Wagner würde den SPÖ-Kurs zum Parteiengesetz in Interviews erklären. Aus SPÖ-Sicht muss man sagen: Bitte nicht. Kollege Thomas Prior hat zuletzt analysiert, wie sich die SPÖ für die Rückkehr ins Kanzleramt vorbereitet. Er schrieb, man wolle sich ein Beispiel an der SPD nehmen. Gemeint war damit Geschlossenheit. Tatsächlich hat Olaf Scholz im Wahlkampf aber vor allem durch Zurückhaltung gepunktet – zur CDU-Selbstzerstörung musste er nicht viel sagen. Und wenn die SPÖ-Kommunikation so aussieht wie zuletzt, ist Schweigen vielleicht auch hierzulande die beste rote Comeback- Strategie.

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