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Bundesheer-Brigadier warnt vor Rückzug aus Pulverfass Mali

Szenen der EUTM-Ausbildungsmission in Mali
Szenen der EUTM-Ausbildungsmission in MaliREUTERS
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Sechs Monate lang leitete Christian Riener die EU-Ausbildungsmission in dem Wüstenstaat. Warum dort auch Europas Sicherheit auf dem Spiel steht.

Wien/Bamako. Noch vor Kurzem hat Christian Riener in Mali kommandiert. Jetzt trennen ihn 4500 Kilometer von seinem alten Dienstort in der Wüste. Der Brigadier mit dem markanten Schnauzbart sitzt stattdessen in einem Festsaal des Verteidigungsministeriums in Wien. Aber zu feiern gibt es mit Blick auf Mali nichts. Sechs Monate lang leitete Riener die Ausbildungsmission EUTM in Mali, die anders als die UN-Mission (Minusma) kein Kampfeinsatz ist, sondern Soldaten unter anderem im Krieg gegen den Terror schulen soll.

Mitten in Rieners Zeit dort verdüsterte sich die weltpolitische Großwetterlage und die malische Sicherheitslage. Anschläge häuften sich. Mit Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht, zieht die wichtigste Militärmacht im Streit ab. Und als hätte der bitterarme Wüstenstaat nicht schon genug Probleme, wurde er nach Putins Überfall auf die Ukraine auch noch zu einem Schauplatz im Ost-West-Stellvertreterkonflikt. Die Militärjunta in Bamako ließ sich mit der russischen Söldnergruppe Wagner ein, die für ihre Gräueltaten berüchtigt und ein Werkzeug Putins ist.

Mission teilweise auf Eis gelegt

„Wagner ist Feind“: Den Satz sagt Riener mehrfach. Brüssel legte deshalb die EUTM-Mission auf Eis, es stoppte die Ausbildung auf Kompanieebene und damit jener Soldaten, die danach „direkt in den Einsatz gegangen“ wären. Die Maßnahme sollte den GAU verhindern, dass von Österreich und Europa ausgebildete Soldaten hernach an der Seite der Gruppe Wagner Massaker an Zivilisten verüben. Und jetzt?

Rieners Empfehlung ist glasklar: „Wir dürfen nicht gehen.“ Er rät zum langen Atem in Mali, wie ihn die Österreicher auf dem Westbalkan zeigen: „Sind wir ehrlich: Wir brauchen Geduld.“ Riener bezeichnet Mali, das 15 Mal so groß wie Österreich ist,als „Zentrum der Kraftentwicklung terroristischer Gruppen“. „Wie ein Krebsgeschwür“ würde der Terror von dort auf die restliche Sahel-Region ausstrahlen. Auch die Mission EUTM reicht daher über die Landesgrenzen. Die Deutschen etwa bilden im Rahmen des EUTM-Mandats nicht mehr in Mali aus, sondern Spezialkräfte in Niger.

Region „hochgradig instabil“

Europa steckt in der Zwickmühle. Es will nicht an Moskau anstreifen. Aber Mali hat strategisches Gewicht. Ein Vakuum dort würden Jihadisten oder Europas geopolitische Rivalen füllen. Über den Sommer soll auf EU-Ebene diskutiert werden, wie es mit der EUTM-Mission weiter geht, sagt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Von einem Abzug aus Mali hält sie wenig. Die Sahel-Region sei „hochgradig instabil“. Die entstehende „Sicherheitslücke“ würde Europa spüren. Ohnehin schwellen die Migrationsströme wieder an.Mali ist Transitland. Hinzu kommen Klimawandel und Überbevölkerung. Mit der Kommandoabgabe schrumpft auch Österreichs Kontingent auf 17. Bis Ende Juni kehrten 65 Soldaten heim. Sie sind wohlauf. Tanner ist deshalb „sehr glücklich“. Sie würdigte Brigadier Riener mit einer Medaille, mit der „Ministercoin“.

Auch in Mali gibt es Lichtblicke. Nachdem das Militär seit 2012 dreimal geputscht hatte, skizzierten die Machthaber in Uniform nun (wieder einmal) einen Fahrplan zur Demokratie bis 2024. Ob er hält, weiß niemand. Aber die Ecowas, die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, hob am Sonntag ihre Sanktionen gegen Mali auf.

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