Rohstoffe

Italien setzt sich vor dem Winter für volle Gasspeicher ein

Italiens Regierungschef Draghi will Gasspeichersystem des Landes bis November auf 90 Prozent der Kapazität füllen.

Die italienische Regierung will in Hinblick auf den Winter ihre Gasspeicher stärker füllen, nachdem der Energiekonzern Eni in den vergangenen Tagen sinkende Gaslieferungen aus Russland beklagt hat. So plant das Kabinett um Premier Mario Draghi, das Gasspeichersystem des Landes bis November auf mindestens 90 Prozent seiner Kapazität zu füllen, was einem EU-weiten Ziel entspricht.

Italien hat zuletzt einen Füllstand von 55 Prozent erreicht und will laut Regierungsquellen bis Ende dieses Monats auf 60 Prozent kommen. "Wir müssen sehr schnell vorgehen", sagte der Minister für den ökologischen Wandel, Roberto Cingolani, in Rom.

Zugleich wolle Italien die Produktion seiner Kohlekraftwerke maximieren, um Gas zu sparen. In dem südlichen Nachbarland gibt es sieben Kraftwerke, die teils stillgelegt sind oder nur auf Sparflamme laufen. Der klimapolitisch beschlossene Kohleausstieg würde damit verzögert werden.

Italien hatte vor Beginn des Ukraine-Konflikts etwa 48 Prozent seines importierten Gases aus Russland bezogen. Im vergangenen Jahr machten die Einfuhren von dort 29 Milliarden Kubikmeter aus. Das Land hat, wie andere EU-Mitgliedsstaaten in den letzten Monaten Anstrengungen unternommen, seine Energieversorgung zu diversifizieren.

Den größten Teil des russischen Gases beziehen die Italiener über die Pipeline Trans Austria Gas (TAG), die Gas durch die Ukraine nach Italien liefert. Die Verbindungen Turkstream und Blue Stream über das Schwarze Meer und die Türkei fallen dagegen weniger ins Gewicht. Auch über Nord Stream 1 in der Ostsee gelangt Gas nach Italien, doch ebenfalls in geringem Umfang.

Ein Hoffnungswert ist die neue Pipeline TAP (Trans Adriatic Pipeline), die Gas aus Aserbaidschan anliefert und im süditalienischen Apulien ankommt. Im vergangenen Jahr lieferte die erst 2020 eingeweihte Leitung schon fast 10 Prozent der Importe. Flüssiggas kam im vergangenen Jahr im Volumen von gut 13 Prozent der Einfuhren ins Land. Gas wird auch aus Algerien importiert. Der Vorteil sei, dass Italien mehrere Gaspipelines besitze, die von diversen Routen kommen. "Daher ist es für uns einfacher, über die verschiedenen angeschlossenen Länder zu diversifizieren", sagte Cingolani.

Russland größte Öllieferant

Gas ist energiepolitisch von größter Bedeutung für Italien. Der Erdgasverbrauch in Italien im Jahr 2021 betrug rund 73 Milliarden Kubikmeter. Die Bürger heizen und kochen damit, zudem wird die Hälfte des Stromes damit erzeugt. Die Industrie ist stark von den Gaslieferungen abhängig.

2020 wurden rund 43 Prozent des italienischen Primärenergieverbrauchs durch Erdgas gedeckt. Erschwerend kommt hinzu, dass Italien auch viel Öl aus Russland bezieht. 2019 waren die Russen der größte Rohöllieferant des Landes.

Die Regierung Draghi prüft, wie sie den Energieunternehmen helfen könnte, billigere Finanzierungen zu erhalten, um Gas für die Lagerung zu erstehen. Aus Regierungs- und Industriekreisen verlautete, eine mögliche Option sei, dass der Staat die Finanzierung für Unternehmen garantiert, die sich Gas für die Speicherung zulegen müssen.

Italien setzt sich auch für eine europäische Preisobergrenze für Gas ein. Dieser Vorschlag sei angesichts des Rückgangs der Lieferungen aus Moskau noch dringlicher geworden, meint Ministerpräsident Mario Draghi.

Der italienische Premier will auch den Einsatz von flüssigem Erdgas (LNG) erhöhen. Österreichs südliches Nachbarland hat drei Terminals, zwei schwimmende Anlagen kommen nun hinzu. Viele Jahre hat das Mittelmeerland selbst Gas gefördert, doch die heimische Produktion ist rapide zurückgegangen, zuletzt waren es nur noch drei Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

(APA)

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