Gasversorgung

Keine Alarmstufe: Unternehmen sollen auf Erdöl umrüsten

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler APA/ROLAND SCHLAGER
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Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch haben heute über die weitere Vorgehensweise in puncto Gasversorgung informiert.

Rund ein Viertel des heimischen Energieverbrauchs entfällt auf Strom; dieser wiederum zu drei Vierteln aus erneuerbaren Energieträgern. Doch gerade im Winter gibt es weniger Wasserkraft und Sonnenstrom. Fehlt es an Erneuerbaren, so werden im Winter Gaskraftwerke hochgefahren. Doch was, wenn das Gas fehlt? Hier verweisen Experten auf die heimischen Gasspeicher. Allerdings: Diese könnten bald zur Neige gehen, sollte Russlands Präsident Wladimir Putin den Gashahn tatsächlich zudrehen. Was also tun?

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentierte im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse entsprechender Beratungen, die am Vormittag stattfanden. Gemeinsam mit E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch ruft sie die Bevölkerung zur Mithilfe auf und gibt - vorerst - Entwarnung.

Großunternehmen sollen bei Energie umrüsten

Einsteigend erinnert Gewessler an die niedrige Einspeicherung am vergangenen Dienstag. Man habe seitdem die Situation umfassend analysiert. Vorerst werde keine Alarmstufe ausgerufen, verkündet die Ministerin. Am Sonntag sei etwa der höchste Speicherwert seit zwei Wochen verzeichnet worden. Es gebe viele Szenarien, wie Österreich mit der ersten Stufe des Gas-Notfallplans über den Winter kommen kann.

Die „Einkerbung“ vom vergangenen Dienstag sei eine Ausnahme gewesen. Aus jetziger Sicht sei die Heizsaison nicht gefährdet. Knapp die Hälfte des gesamten österreichischen Jahresverbrauchs habe man derzeit eingespeichert. Das sei ausreichend, man setze aber entsprechende Maßnahmen, die Stabilität garantieren sollen.

Großverbrauchern beziehungsweise großen Unternehmen wird etwa angeordnet, so weit wie möglich auf alternative Energieträger - vor allem Erdöl - umzurüsten. Das Klimaschutzministerium werde eine entsprechende Verordnung in Begutachtung geben. Anlagen sollen sowohl mit Erdgas, als auch mit anderen Energieträgern betrieben werden können. Der Staat soll die Kosten für die Umsetzung übernehmen. Die Verordnung sei noch nicht die Substitution per se, sondern die Vorbereitung, dass die Anlagen in den entsprechenden Zustand versetzt werden können.

„Wir sind in einer kritischen Situation"

7,7 Terawattstunden seien aus der strategischen Reserve bereits eingespeichert, betont Gewessler. Man dürfe künftig aber nicht mehr ausschließlich auf Gas angewiesen sein. Denn, so Wolfgang Urbantschitsch: „Im Falle einer Mangellage muss man auch den Gasdruck berücksichtigen“. Er habe aber Vertrauen in die Expertinnen und Experten, dass sie auch in einem solchen Fall die Versorgung sichern können.

Auch die Abhängigkeit von äußeren Einflüssen dürfe nicht vergessen werden: "Ich kann nicht prognostizieren, wie sich Wladimir Putin verhalten wird“, konstatiert die Klimaministerin: „Wir sind in einer angespannten Situation. Wir sind in einer kritischen Situation, da gibt es nichts herumzureden“. Es sei daher geboten, sich jetzt vorzubereiten „und nicht erst, wenn die Alarmstufe ausgerufen wird“, so Gewessler. Das werde jedenfalls erst der Fall sein, wenn das Einspeicherziel akut gefährdet ist. Stichtage hierfür sind, auch im Hinblick auf die Entwicklungen rund um Nordstream 1, der 11. und der 21. Juli.

Gewessler appelliert an Bevölkerung

Weiter appelliert Gewessler an die Bevölkerung, sich auf die kommende Heizsaison vorzubereiten. Gasthermen warten lassen, die Heizkörper entlüften sowie Fenster und Türen abdichten, sei essenziell. Bis zu 15 Prozent des Gasverbrauchs würden sich so einsparen lassen.

E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch gibt sich nach wie vor zuversichtlich. Bis zum Winter sei es möglich, die Speicher ausreichend zu füllen. Gewesslers Appell an die Bevölkerung, Energie zu sparen, schließt er sich an.

Sicherheitsrat tagt am Abend

Fest steht: Die Regierung will die Speicher bis zum Beginn der Heizsaison auf 80 Prozent füllen. Dazu müssten noch mehr als 32.000 GWh Gas eingespeichert werden. Wann die Umsetzung der am Dienstag angekündigten Maßnahmen stattfinden soll, steht noch nicht fest. Die Ministerin „geht davon aus“, dass dies bis zur kommenden Heizsaison der Fall ist. Sollte das nicht ausreichen, werde sie „nicht zögern, Maßnahmen zu ergreifen, wenn es notwendig ist“.

Gewesslers Ankündigungen zur Gasversorgung folgen noch weitere Informationen: Am Dienstagabend, um 18.00 Uhr, tagt der Nationale Sicherheitsrat. Das hat das Kanzleramt von Bundeskanzler Karl Nehammer bestätigt. Die FPÖ hatte dessen Einberufung beantragt.

Gerhard Hofer, Wirtschaftsressortleiter der „Presse" hat sich schon vorab die Gaslage angesehen. Und drei Szenarien für den Gasnotfall skizziert.

(red.)

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