Konferenz

Sieben Prinzipien für den Wiederaufbau der Ukraine

Bewohner von Kramatorsk warten auf humanitäre Hilfe.
Bewohner von Kramatorsk warten auf humanitäre Hilfe. (c) REUTERS (MARKO DJURICA)
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Delegationen aus rund 40 potenziellen Geberländern haben in Lugano über einen Wiederaufbau der Ukraine beraten. Die Ergebnisse sollen aber auch eine Vorbereitung für die Zeit nach dem Krieg sein.

Die Ukraine hat sich mit internationalen Partnern auf sieben Prinzipien für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes geeinigt. "Dies ist der Beginn eines langen Prozesses", sagte der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis, Gastgeber der Konferenz mit rund 1000 Teilnehmern in Lugano im Kanton Tessin. Von österreichischer Seite nahm Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) daran teil.

In der Erklärung geht es um die Verpflichtung auf einen demokratischen Prozess, an dem die ganze Gesellschaft teilhat, die Einbindung privater Unternehmen, eine grüne Transformation hin zu einer CO2-freien Gesellschaft, eine digitalisierte Verwaltung und Aufbauprojekte frei von Günstlingswirtschaft und Bereicherung. "Der Wiederaufbauprozess muss transparent sein", heißt es darin. "Die Rechtsstaatlichkeit muss systematisch gestärkt und die Korruption ausgemerzt werden."

In Lugano sei auf internationaler Ebene der Prozess zum Wiederaufbau der Ukraine eingeleitet worden, sagte Cassis am Dienstagvormittag in Lugano. Das während der zweitägigen Wiederaufbaukonferenz Erreichte solle den Grundstein legen für mehr als nur den Wiederaufbau. Die in Lugano vollbrachte Arbeit sei eine Vorbereitung für die Zeit nach dem Krieg.

Die ukrainische Regierung hatte am Montag in Lugano erstmals einen umfassenden Wiederaufbauplan präsentiert. Die ukrainische Bevölkerung, die täglich unter den Angriffen leide, wisse sich durch das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft in den Sieg im von Russland begonnenen Krieg bestärkt, sagte der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal.

Österreich mahnt auch Bringschuld der Ukraine ein

Österreich zeigte sich bei der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz einerseits solidarisch, mahnte andererseits aber eine Bringschuld seitens der Ukraine ein. "Die Unterstützung für die Ukraine ist nicht infrage zu stellen", betonte Europaministerin Edtstadler. Zugleich sei es "unerlässlich, dass die Reformen fortgesetzt werden".

Edtstadler strich in ihrem Statement vor den Konferenzteilnehmern das bisherige österreichische Engagement für die Ukraine und die bisher dafür aufgewendeten Mittel von mehr als 80 Millionen Euro hervor. Konkret erwähnte sie unter anderem Kapazitäten zur Unterbringung von mehr als 78.000 Flüchtlingen, die in Österreich geschaffen worden seien, und die Ausweitung der ÖBB-Bahntransporte zum Export ukrainischen Getreides, das wegen der Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen nicht wie vor dem Krieg auf dem Seeweg ausgeführt werden kann.

Nicht auf Westbalkan-Staaten vergessen

Wenn die Unterstützung für die Ukraine auch nicht infrage zu stellen sei, die Westbalkan-Staaten dürften bei der EU-Integration gegenüber der Ukraine nicht ins Hintertreffen geraten, strich die Ministerin gemäß der österreichischen Regierungslinie hervor. Auch die EU-Annäherung der Ukraine müsse auf Basis von Fortschritten erfolgen. Die Ukraine habe solche Fortschritte - etwa bei der Verwaltung oder bei der Korruptionsbekämpfung - gemacht. Das müsse aber so weitergehen. Aus Sicht Edtstadlers soll die Konferenz durch hochrangige Präsenz auf Ministerebene vor allem "ein weiteres Zeichen der Solidarität" für Kiew sein, wie sie sagte. Weitere Zusagen von österreichischer Seite machte Edtstadler in Lugano nicht.

Eine klassische Geberkonferenz war das Wiederaufbauforum in Lugano nicht. Ziel der Konferenz war es vor allem, einen umfassenden und systematischen Plan zum Wiederaufbau der kriegsgebeutelten Ukraine auszuarbeiten, einen Plan zur Aufbietung und zum Einsatz bereits vorhandener und weiterer Geldmittel. Rund 40 Länder waren vertreten sowie rund 15 internationale Organisationen.

Ursprünglich sollte die Konferenz als fünfte, jährliche Ukraine-Reformkonferenz stattfinden. Die Ukraine sollte dabei mit ihren westlichen Partnern Reformen Richtung Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft erörtern. Der am 24. Februar begonnene Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat zu einer völligen Neuausrichtung und Umbenennung der Konferenz geführt. Nach Großbritannien im nächsten Jahr will Deutschland die Wiederaufbaukonferenz 2024 ausrichten, wie die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze ankündigte.

(APA/dpa/sda)

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