Quergeschrieben

Koffein an jeder Ecke: Der Kulturkampf ums Kaffeehaus

Die Konkurrenz ist groß, für Kaffeehäuser ohne besondere Ambition wird es schwerer. Nostalgie allein wird Wiens Kaffeehauskultur nicht bewahren.

Langsam rächt es sich, dass die viel gerühmte Kaffeehauskultur immer zuvorderst eine räumlich-soziale Einrichtung war und nie eine Kaffeekultur, die sich weiterentwickeln musste. „Im Kaffeehaus sitzen Leute, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen“, beobachtete einst der Schriftsteller Alfred Polgar, selbst einer jener langsam in Vergessenheit geratenden „Kaffeehausliteraten“. Der Kaffee selbst war also nebensächlich. Was zählte, war das Flair, die Ruhe trotz Geschäftigkeit, die Möglichkeit, kontemplativ in die Welt einzutauchen – denn das Angebot an Zeitschriften, auch internationalen, half auch Zeitgenossen, die kein Geld für teure Abos ausgeben konnten, ihren Horizont vielseitig zu erweitern. Alles, was es dafür brauchte, war Zeit – und die paar Münzen für eine Melange.

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Jetzt hat also das Café Westend zugesperrt; jenes legendäre Kaffeehaus am Gürtel, direkt gegenüber dem Westbahnhof auf der Mariahilfer Straße. Bekannt auch in den Bundesländern, weil der Westbahnhof bis vorgestern der heimliche Hauptbahnhof der Stadt war. Für fast alle Himmelsrichtungen galt: Wer mit dem Zug nach Wien kommt, kommt am Westend kaum vorbei. Es war das erste Haus am Platz. Nun rechnet sich der Betrieb nicht mehr, und die Aufregung ist groß. Manche fürchten gar den Untergang des Abendlands Westwiener Prägung. Die Stadt oder der Staat müssten einspringen, heißt es. Das Kulturgut, die Institution gehört gefälligst bewahrt.

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