Großbritannien

Premier gesucht: Wer könnte auf Johnson folgen?

Außenminister Liz Truss und Verteidigungsminister Ben Wallace
Außenminister Liz Truss und Verteidigungsminister Ben WallaceAPA/AFP/DANIEL LEAL
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Außenministerin Truss und zurückgetretener Finanzminister Sunak zählen zu möglichen heißen Kandidaten. Es gibt aber auch noch andere.

Boris Johnson tritt nun also doch als Premierminister zurück.  Was die Frage nach seiner Nachfolge aufwirft. Im Folgenden ein Überblick über mögliche Kandidaten - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Außenministerin Liz Truss

Die 46-Jährige gilt als Liebling der konservativen Basis. In Johnsons Regierung war sie zunächst zwei Jahre lang Außenhandelsministerin, bevor die überzeugte Brexit-Befürworterin zur Außenministerin berufen wurde. Seit vergangenem Jahr vertritt sie zudem als Chef-Unterhändlerin in Brüssel britische Positionen. Ihr öffentliches Image pflegt Truss sorgfältig: Vergangenes Jahr ließ sie sich in einem Panzer ablichten, was an ein bekanntes Bild von Großbritanniens erster Premierministerin, Margaret Thatcher, erinnert.

Ex-Außenminister Jeremy Hunt

Der 55-Jährige hält nicht damit hinter dem Berg, dass er seine Ambitionen auf den Einzug in die "Downing Street 10" nicht ganz aufgegeben hat. In einer partei-internen Stichwahl um den Vorsitz der Konservativen war Hunt Mitte 2019 Zweiter geworden, Johnson wurde automatisch Premierminister. Von Hunt würden Beobachter einen ernsteren Regierungsstil erwarten. Hunt war in den vergangenen zwei Jahren Vorsitzender des parlamentarischen Gesundheitsausschusses - weit ab von der aktuellen Regierung.

Verteidigungsminister Ben Wallace

Die Popularität des 52-Jährigen ist im Zuge des Ukraine-Kriegs unter den Torys gestiegen. Sein Ministerium steht wegen der Waffenlieferungen in die Ukraine hoch im Kurs, nachdem es schon 2021 für die Evakuierung britischer Staatsbürger aus Afghanistan Beifall bekommen hatte. Wallace war selbst in der Armee und unter anderem in Deutschland stationiert. Er war seit 2016 als Staatssekretär im Innenministerium für Sicherheit zuständig bevor er 2019 das Verteidigungsministerium übernahm.

Ex-Finanzminister Rishi Sunak

Sunak trat am Dienstag zurück und erklärte, die Briten würden zu Recht eine "ordentliche, kompetente und ernsthafte" Regierungsarbeit erwarten. Lange galt Sunak als Favorit für eine NachfolgeJohnsons. Er verdiente sich in der Corona-Pandemie Meriten mit einem Rettungsprogramm für die Wirtschaft. Viele Briten halten die Unterstützung seines Ministeriums angesichts der explodierenden Lebenshaltungskosten aber für zu gering und die Steuern für zu hoch. Der 42-Jährige wurde zudem wie Johnson für Verstöße gegen Lockdown-Auflagen bestraft.

Rishi Sunak
Rishi SunakIMAGO/ZUMA Wire

Ex-Gesundheitsminister Sajid Javid

Auch Javid trat am Dienstag aus Protest gegen Johnsons Umgang mit dem Fall eines Tory-Mitglieds zurück, dem sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen wurde. Der ehemalige Banker Javid hatte vor der Leitung des Gesundheitsministeriums bereits mehrere Regierungsposten, 2020 war er als Finanzminister zurückgetreten. Der Sohn pakistanischer Einwanderer gilt als Bewunderer von Ex-Premierministerin Thatcher.

Finanzminister Nadhim Zawahi

Der neu ernannte Finanzminister war bis vor kurzem noch Bildungsminister. Sympathien hat er sich aber vor allem erworben, als er in der Regierung noch für die Covid-Impfungen zuständig war. Die Kampagne war eine der schnellsten weltweit. Die steile Karriere des ehemaligen irakischen Flüchtlings, der als Kind nach Großbritannien kam, hebt ihn von Konkurrenten ab. Erst vergangene Woche erklärte Zahawi, es wäre für ihn ein Privileg, Premierminister zu werden.

Ex-Verteidigungsministerin Penny Mordaunt

Kaum dass Johnson Premierminister geworden war, entzog er Mordaunt die Leitung des Verteidigungsressorts. Mordaunt hatte Johnsons Rivalen Hunt unterstützt. Die entschiedene Brexit-Befürworterin ist zurzeit Staatssekretärin im Handelsministerium. Die Lockdown-Partys, die Hintergrund des jüngsten Misstrauensvotums gegen Johnson waren, nennt sie beschämend und erklärt, die Wähler wünschten sich von der Regierung Professionalität und Kompetenz.

(ag.)

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