Bali

"Mit dem Westen nichts zu besprechen": Lawrow will bei G-20-Treffen nicht zuhören

Sergej Lawrow zwischen seinen AMtskollegen aus Saudiarabien und Mexiko beim G-20-Gipfel in Bali.
Sergej Lawrow zwischen seinen AMtskollegen aus Saudiarabien und Mexiko beim G-20-Gipfel in Bali.via REUTERS
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Die Teilnahme des russischen Außenministers Lawrow überschattet die Gespräche. Er wirft dem Westen vor, eine friedliche Lösung zu verhindern. Die Antwort der deutschen Ministerin Baerbock wartete er nicht ab - und reiste ab.

Beim G20-Treffen in Indonesien hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow für einen Eklat gesorgt. Lawrow verließ den Saal gleich nach seiner Rede und hörte sich seine Kritiker gar nicht mehr an. Anschließend warf er dem Westen vor, den Übergang zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ukraine zu verhindern. Wenn die EU und die USA einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld anstrebten, "dann haben wir wahrscheinlich mit dem Westen nichts zu besprechen", sagte er.

Russland sei aber bereit, mit der Ukraine und der Türkei über Getreide zu verhandeln, so Lawrow. Die Ukraine sollte die Blockade ihrer Häfen beenden, diese entminen oder eine Durchfahrt durch die Minenfelder gewährleisten", sagte der Außenminister. Danach würden Russland und die Türkei außerhalb des ukrainischen Hoheitsgebiets für die Sicherheit der Frachtschiffe sorgen, damit sie weiter ins Mittelmeer fahren könnten. Es sei aber unklar, wann solche Gespräche stattfinden könnten. In der Ukraine lagern Millionen Tonnen Getreide, die nicht exportiert werden können.

Lawrow kritisiert Sanktionen

Einmal mehr wies Lawrow Vorwürfe des Westens zurück, dass Russland durch seinen Krieg in der Ukraine die Weizenexporte verhindere und so die Lebensmittelsicherheit in der Welt in Gefahr bringe. Das ukrainische Getreide mache nur ein Prozent der Versorgung aus, sagte er. Zugleich kritisierte Lawrow, dass Russland wegen der Sanktionen des Westens sein eigenes Getreide nicht exportieren könne, weil etwa Schiffe nicht versichert würden oder keine ausländischen Häfen anlaufen könnten.

Im Saal saß Lawrow zwischen Vertretern aus Saudi-Arabien und Mexiko - weit weg von seinen schärfsten Kritikern aus den USA und Europa. Später sagte er, der Westen dränge die Ukraine dazu, für die Kämpfe "seine Waffen zu benutzen". Der Minister kritisierte, dass die Vertreter westlicher Staaten Russland wegen der Lage in der Ukraine als "Aggressor" und "Besatzer" anprangern, ohne sich die Gründe anzusehen. "Alle haben uns aufgerufen, diese Operation zu beenden", sagte er. Dagegen lobte Lawrow den G20-Gastgeber Indonesien als "verantwortliches Land", das die souveränen Rechte eines Landes achte.

Konter von Baerbock, Lawrow war schon im Hotel

Nach seiner Rede verließ Lawow den Saal im Luxushotel Mulia und entzog sich damit auch der Replik der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). "Wir überlassen Russland nicht die internationale Bühne", sagte die amtierende Vorsitzende der G7-Gruppe führender demokratischer Wirtschaftsmächte . "Und vor allen Dingen lassen wir nicht zu, dass der russische Präsident mit seinem Angriffskrieg die Welt in ein Chaos stürzt." Es müsse jetzt darum gehen, ärmere Länder vor den Folgen des Krieges zu schützen, sagte die Grüne mit Blick auf steigende Preise für Nahrungsmittel und Energie. "Wir werden als G7-Staaten, als stärkste Industrienationen, alles dafür tun, auch wenn wir diesen Krieg nicht verursacht haben, dass die Folgen nicht die Ärmsten dieser Welt treffen", sagte Baerbock.

"Dass der russische Außenminister einen großen Teil der Verhandlungen hier nicht im Raum, sondern außerhalb des Raumes verbracht hat, unterstreicht, dass es keinen Millimeter an Gesprächsbereitschaft der russischen Regierung derzeit gibt", sagte Baerbock später. Die allermeisten Vertreter bei dem Treffen hätten "den brutalen Angriffskrieg Russlands" als größte aktuelle Gefahr verurteilt, betonte sie. "Der Appell aller 19 Staaten war sehr deutlich an Russland: Dieser Krieg muss ein Ende haben."

Kuleba per sprach per Videoschaltung

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sprach per Videoschaltung zu den Teilnehmern und warnte, dass die "katastrophalen Folgen der russischen Aggression weit über die Ukraine hinaus" zu spüren seien. "Einem Land, das in einen Angriffskrieg gegen seinen Nachbarn und in Massenverbrechen gegen Zivilisten verwickelt ist, sollte nur ein Sitz angeboten werden: ein Sitz in einem Verfahren der internationalen Justiz", sagte er.

Die indonesische Außenministerin und Gastgeberin Retno Marsudi erklärte, die Teilnehmer hätten "tiefe Besorgnis über die humanitären Folgen des Krieges sowie seine globalen Auswirkungen auf Lebensmittel, Energie und Finanzen" geäußert. Viele Anwesende hätten nachdrücklich auf eine friedliche Lösung des Konflikts durch Diplomatie und Verhandlungen gedrängt.

Die Anwesenheit Lawrows bei den Beratungen galt auch als Test für eine mögliche Teilnahme von Kremlchef Wladimir Putin am G20-Gipfel am 15. und 16. November, der ebenfalls auf Bali stattfindet. Mehrere Staaten haben ihre Teilnahme infrage gestellt, sollte Putin persönlich zum Gipfel kommen.

(APA/dpa/Reuters)

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