Krise

Österreich muss doppelt so viel Gas einsparen wie die EU

Die Ostseepipeline Nord Stream 1 soll etwa zehn Tage lang gewartet werden. Was dann passiert, ist offen.
Die Ostseepipeline Nord Stream 1 soll etwa zehn Tage lang gewartet werden. Was dann passiert, ist offen.(c) REUTERS (ANTON VAGANOV)
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In den nächsten Tagen wird kaum russisches Gas in Europa landen. Ein totaler Lieferstopp träfe nicht alle EU-Staaten gleich. Österreich müsste sich mehr anstrengen, um sicher durch den Winter zu kommen.

Wien. Ab Montag stehen die Lieferungen von russischem Erdgas nach Europa weitgehend still. Grund dafür ist die routinemäßige Wartung der Ostseepipeline Nord Stream 1, die Deutschland mit den westsibirischen Gasfeldern verbindet. Die Arbeiten sollen zehn Tage andauern.

In dieser Zeit erwartet auch Österreich, das eigentlich über die Ukraine-Route versorgt wird, deutlich geringere Importe. Doch fließe ab 21. Juli wieder Gas wie gehabt, würden die Speicher rechtzeitig bis Herbst voll, beteuert die Regierung. Genau daran glauben viele Experten aber nicht.

„Bereiten wir uns auf einen kompletten Stopp russischer Gaslieferungen vor“, sagte Frankreichs Finanzminister, Bruno Le Maire, am Sonntag. „Das ist das wahrscheinlichste Szenario.“ Schon heute beliefert Russland zwölf EU-Länder, auch Österreich, nicht wie vereinbart mit Gas, was Moskau u. a. mit dem sanktionsbedingten Fehlen einer Turbine begründet. Dass Kanada nun grünes Licht gegeben hat, die gewartete Siemens-Turbine trotz der Sanktionen nach Deutschland zu schicken, ist nur ein Hoffnungsschimmer. Europa rüstet sich dennoch für den totalen Lieferstopp. Die Folgen wären je nach Land sehr unterschiedlich, heißt es in einer Studie des Brüsseler Thinktanks Bruegel.

Österreich steigt nicht besonders gut aus. So hat es die Europäische Union zwar geschafft, ihre Abhängigkeit vom russischen Lieferanten dank deutlich höherer Importe von amerikanischem Flüssiggas (LNG) zu halbieren. Doch damit seien die Möglichkeiten, über den Seeweg an substanziell höhere Gasmengen zu kommen, bis auf Weiteres ausgereizt, warnen die Autoren. Was dem Kontinent nun bleibe, um die Versorgungssicherheit noch für diesen Winter zu erhöhen, seien Verbrauchsreduktionen. Werden die Wintermonate nicht außergewöhnlich kalt, müsste die EU ihren Gaskonsum in Summe über die nächsten zehn Monate um 15 Prozent verringern, um einen sofortigen Stopp der russischen Gasimporte zu kompensieren. Doch diese Lasten sind innerhalb der EU sehr ungleich verteilt.

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