Drei Buchstaben, die nicht einfach vom Himmel gefallen sind – die Spur führt nach Brüssel.
Gas, das klingt für uns ganz selbstverständlich. Doch sind diese drei Buchstaben in dieser Zusammensetzung nicht vom Himmel gefallen. Also, Hand hoch, wer weiß, wo die Wurzeln des Begriffs liegen! Sehr gut, das gibt ein Plus im Mitteilungsheft, Hand wieder runter. Und alle anderen kommen jetzt mit auf eine Reise ins Brüssel des 17. Jahrhunderts. Hier begegnen wir einem gewissen Johann Baptist van Helmont. Und der ist quasi der Erfinder des Wortes „Gas“. Spannend, nicht? Gut, in der Unterhaltung mit ihm würden wir vermutlich feststellen, dass er es anders ausgesprochen hat als wir, eher so wie „Chas“. Aber er war halt Flame, und im Flämischen spiegelt das geschriebene „g“ halt den Klang des gesprochenen „ch“ wider. Mit dem Begriff bezeichnete der Arzt und Chemiker jedenfalls den Dunst, der durch Kälte hervorgerufen wird – im Gegensatz zu dem durch Wärme erzeugten Dampf.
Nun war es aber nicht so, dass der gute Johann einfach wahllos ein paar Buchstaben dafür zusammenwürfelte. Er bediente sich dabei eines Begriffs, den es schon vorher gab. Und damit landen wir bei Theophrast Bombast von Hohenheim, einem mittelalterlichen Arzt und Alchemisten – besser bekannt unter dem Namen Paracelsus. Er hatte schon den Luftraum oder die Luft mit einem alten griechischen Begriff bezeichnet: χαως, das wir eingedeutscht auch als Chaos kennen. Und weil Gas und Luft ja nicht so weit auseinander sind, ließ van Helmont einfach das o weg. Und schwuppdiwupp war der Terminus Gas erfunden.
Von Brüssel aus gelangte der Begriff auch in andere Sprachen – weitgehend schriftlich, damit ging auch die Aussprache mit „ch“ verloren. Und mit der zunehmenden Verwendung von Gas als Beleuchtungsmittel kam das Wort in der Alltagssprache an. Und das ganz ohne Pipeline. Ach, wenn doch nur alles so einfach wäre . . .
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2022)