Proteste

Machtvakuum in Sri Lanka nach Rücktrittsankündigung der Staatsspitze

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SRI LANKA-UNREST-ECONOMYAPA/AFP/ARUN SANKAR
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Der von schweren Wirtschaftsproblemen und öffentlichen Protesten gezeichnete Inselstaat Sri Lanka seht nun auch in einer politischen Führungskrise.

Nach den Rücktrittsankündigungen von Präsident Gotabaya Rajapaksa und Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe erklärten Demonstranten am Sonntag, sie würden die Residenzen beider Politiker bis zu deren endgültigem Abschied besetzt halten.

"Der Präsident muss zurücktreten, der Ministerpräsident muss zurücktreten, und die Regierung muss gehen", forderte die Drehbuchautorin Ruwanthie de Chickera bei einer Pressekonferenz in Colombo, dem Regierungssitz des Landes. Erst dann würden sich die Demonstranten aus den Regierungsgebäuden zurückziehen, sagte sie im Beisein weiterer Anführer der Proteste.

Nach Angaben von Verfassungsrechtlern muss nach einem Rücktritt des Staats- und des Regierungschefs Parlamentspräsident Mahinda Yapa Abeywardena die Amtsgeschäfte des Präsidenten kommissarisch übernehmen. Das Parlament müsse dann binnen 30 Tagen einen neuen Präsidenten wählen.

Wer führt jetzt Gespräche mit IWF?

Mit dem Machtvakuum herrscht auch Unklarheit über eine Fortsetzung der Gespräche Sri Lankas mit dem Internationalen Währungsfonds über ein Rettungspaket in Höhe von drei Milliarden Dollar (2,95 Mrd. Euro). US-Außenminister Antony Blinken rief Sri Lankas Parlament auf, eine Lösung zur Verbesserung der Lage herbeizuführen. Das Nachbarland Indien, das Sri Lanka mit mehreren Milliarden Dollar unterstützt hat, erklärte, es beobachte die Lage.

Der Protest hatte sich seit Monaten hochgeschaukelt. Viele der 22 Millionen Bürger sind äußerst unzufrieden. Das Land ist in der schwersten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit 1948. Es mangelt unter anderem an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten. Grund ist unter anderem eine starke Abwertung der Landeswährung, wodurch Importe erheblich teurer wurden. Zwar kündigte die Regierung Reformen an, konnte den Protest aber nicht stoppen.

Rücktritt für Mittwoch angekündigt

Am Samstag hatten Tausende Menschen kaum gehindert von Sicherheitskräften die Residenzen des Präsidenten und des Ministerpräsidenten gestürmt. Ein Krankenhaus sprach von 45 Verletzten, Tote wurden nicht gemeldet. Auch am Sonntag ließen bewaffnete Sicherheitskräfte die weitgehend friedlichen Besetzer gewähren. Beide Politiker hatten die Gebäude bereits vor der Erstürmung verlassen und waren seitdem nicht mehr öffentlich gesehen worden.

Präsident Rajapaksa hatte am Samstag erklären lassen, er werde am Mittwoch aus dem Amt scheiden. Das solle eine friedliche Machtübergabe sicherstellen. Ministerpräsident Wickremesinghe, der sein Amt erst im Mai übernommen hatte, hatte ebenfalls am Samstag seinen Rücktritt angeboten. Er sei bereit, den Weg für eine Allparteienregierung freizumachen und habe darüber bereits mit den Spitzen mehrerer Parteien gesprochen, hieß es in einer Mitteilung seines Büros.

(APA/DPA)

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