Verhaftung

Auch Jafar Panahi: Dritter kritischer Regisseur im Iran festgenommen

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FILES-IRAN-FILM-ARREST(c) APA/AFP (ATTA KENARE)
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Der Berlinale-Sieger Panahi ("Taxi Teheran") ist das prominenteste Opfer einer Repressionswelle im iranischen Filmwesen. Schon am 8. Juli wurden auch seine Kollegen Mohammed Rassulof und Mostafa Al-Ahmad inhaftiert.

2011 konnte man – aus sicherer Entfernung – noch darüber schmunzeln: Jafar Panahis heimlich im Hausarrest gedrehtes Selbstporträt „This Is Not a Film“ sei auf einem USB-Stick, versteckt in einem Geburtstagskuchen, aus dem Iran nach Cannes geschmuggelt worden, hieß es in Medienberichten anlässlich der Weltpremiere des Widerstand-Kunststücks.

Ein bisschen Agentenfilmflair umwehte damals den im Westen gefeierten iranischen Regiedissidenten Panahi, um den man sich umso weniger Sorgen machte, je öfter er nach seiner Verurteilung zu einem 20-jährigen Berufs- und Ausreiseverbot im Jahr 2010 trotzdem mit neuen Arbeiten an Wettbewerben internationaler A-Festivals teilnahm – und diese manchmal, wie 2015 mit „Taxi Teheran“ bei der Berlinale, auch gewann.

Die relative Sicherheit, in der viele Außenstehende Panahi wähnten, hat sich nun als Trugbild erwiesen: Mehreren Medien zufolge wurde der 62-jährige Regisseur am Montag in seiner Heimat verhaftet – angeblich nach einem Besuch im Evin-Gefängnis, das als brutaler politischer Kerker berüchtigt ist. Panahi soll sich dort nach zwei anderen regimekritischen Filmemachern erkundigt haben, deren Festnahme bereits am vergangenen Freitag bekannt wurde: Mohammad Rasulof (mit seinem Anti-Todesstrafen-Drama „Doch das Böse gibt es nicht“ ebenfalls ein Berlinale-Gewinner) und Mostafa Al-Ahmad.

Reaktion auf Missstimmung im Land

Laut Nachrichtenagentur IRNA wird Rasulof und Al-Ahmad die Gefährdung öffentlicher Ordnung vorgeworfen, weil sie – nebst etlichen anderen Filmschaffenden – einen mit dem Hashtag „Put your gun down“ (Legt eure Waffe nieder) versehenen Appell gegen Polizeigewalt unterzeichnet hatten. Dieser verurteilt die Niederschlagung von Protesten in der südwestiranischen Stadt Abadan: Am 23. Mai war dort ein Gebäude eingestürzt, mindestens 40 Menschen kamen ums Leben. Die Wut Angehöriger wuchs sich zu größeren Demonstrationen aus, das Regime reagierte mit Repression.

Mani Tilgner, ein Hamburger Produzent Rasoulofs, betont in einem Interview mit dem NDR zudem, dass die Haft des Regisseurs auch mit einem älteren Gerichtsurteil begründet wird. Dieses hält ihm aufgrund seines Anti-Korruptions-Thrillers „A Man of Integrity“ vor, „Propaganda gegen das System“ betrieben zu haben - und bedingt ein Jahr Gefängnis.

Der auch durch steigende Nahrungsmittelpreise befeuerte Missmut der iranischen Bevölkerung hat die Regierung in Teheran, seit 2021 geführt vom Hardliner Ebrahim Raisi, offenbar in Alarmbereitschaft versetzt. Zuletzt kam es verstärkt zu Verhaftungen, auch im Filmsektor: Schon am 10. Mai wurden die Dokumentaristinnen Firouzeh Khosrovani und Mina Keshavarz temporär inhaftiert. Dass es nun auch eine so prominente Figur wie Panahi trifft, gibt zu denken. Die Festivals von Cannes, Berlin und Venedig forderten in Aussendungen die umgehende Freilassung der inhaftierten Filmkünstler.

(APA/dpa)

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