Asylverfahren

Kindeswohlkommission: Viele Empfehlungen noch nicht umgesetzt

APA/HELMUT FOHRINGER
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Vor einem Jahr präsentierte das Gremium rund um die frühere OGH-Präsidentin Irmgrad Griss ihren Bericht. Realisiert wurde davon bisher allerdings wenig.

Die Kindeswohlkommission - die vor allem den Stellenwert von Kinderrechten im Bereich Asyl- und Bleiberecht untersucht hat - legte vor einem Jahr ihren Abschlussbericht vor. Viele darin enthaltenen Empfehlungen sind aber noch immer nicht umgesetzt, beklagt die Vorsitzende der Kommission, die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss. Sie ist nun Teil des von ihr und einigen Mitgliedern gegründeten Bündnisses "Gemeinsam für Kinderrechte".

Das Jahresjubiläum des Berichts ist für deren Proponenten offenbar kein großer Grund zum Feiern. Denn tatsächlich realisiert wurde wenig, wie Griss in einer Pressekonferenz erläuterte. Und auch bei den umgesetzten Forderungen handle es sich großteils um "Unterpunkte", befand sie. Manches ist Griss zufolge auch nicht in der gewünschten Form Wirklichkeit geworden.

Zum Beispiel empfahl die Kommission verpflichtende Schulungen für Richterinnen und Richter. Eingeführt wurden allerdings nur freiwillige Kurse. Das Problem dabei sei: "Dort gehen die hin, die ohnehin sensibilisiert für das Thema sind“, meint Griss. Man müsse aber alle erreichen.

Ansprechrichter für Kinderrechte

Erfreut zeigt sie sich darüber, dass es nun auch für Kindeswohlprüfungen und Kinderrechte Ansprechrichterinnen und -richter gebe. Auch den vor wenigen Tagen vom Justizministerium veröffentlichten Leitfaden für Bundesverwaltungsgericht lobte sie.

Anderes sorgt hingegen für wenig Begeisterung. So wurde etwa gefordert, dass das Kindeswohl eine wesentlichere Rolle in der Asylgesetzgebung erhalten solle. Hier kenne sie jedoch keine entsprechenden Initiativen. Auch in der Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge würden Lücken klaffen. Denn diese gebe es ab dem ersten Tag aktuell nur in Tirol. Gespräche über eine bundesweite Lösung würden stocken.

Bei Abschiebungen mehr auf Umfeld der Personen achten

Bei Abschiebungen gebe es weiter eine oft nicht kindgerechte Behandlung der Betroffenen, bemängelte die Kommissions-Vorsitzende. Griss wiederholte die Forderung, Abschiebungen während des Schuljahres jedenfalls zu vermeiden. Das Bündnis bekräftigt generell die Empfehlung, bei Verfahren mehr auf das Umfeld der Personen einzugehen und diese vor allem anzuhören.

Wie der Rechtsanwalt Wilfried Embacher beklagte, würden sogar Jugendliche, die 15 Jahre oder älter seien, oft nicht befragt. Denn die Behörde sei der Ansicht, dass sie ohnehin mit den Eltern abgeschoben würden und dadurch deren Aussage nicht nötig sei.

"Es muss ein ständiges Kinderrechtemonitoring geben“, betonte Griss. Dabei solle es sich um eine Anlaufstelle für alle Fragen des Kindeswohls handeln - nicht notwendig nur für den Asylbereich. Die Stelle solle auch mit einem eigenen Budget ausgestattet werden.

Kampf gegen Kinderarmut forcieren

Dass etwa das Innenministerium betont, man habe schon zahlreiche Empfehlungen umgesetzt, sorgt bei den Bündnis-Mitgliedern insofern für Unmut, als eine konkrete Auskunft darüber vermisst wird. „Mir wurde dort beschieden, dass die Richtlinien nur für den internen Gebrauch seien", berichtet Griss.

Der Präsident der Volkshilfe, Wiens Altbürgermeister Michael Häupl, hielt fest, dass auch der Kampf gegen Kinderarmut forciert werden müsse. Es sei unerträglich, dass in einer reichen Gesellschaft Familien überlegen müssten, ob sie ihren Kindern eine Jause kaufen können, sagte er. Kinderarmut sei der "größte Widerspruch" zu Kinderwohlfahrt.

(APA)

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