Umsturz

Sri Lanka: Präsident auf dem Weg ins Exil in Singapur

Demonstranten stürmten auch den Amtssitz des Premierministers.
Demonstranten stürmten auch den Amtssitz des Premierministers.REUTERS
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In der Nacht auf Donnerstag wurden 42 Menschen bei Protesten verletzt. Die Demonstranten warten immer noch auf einen offiziellen Rücktritt des aus dem Land geflohenen Präsidenten.

Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa war am Donnerstag auf dem Weg nach Singapur und wird voraussichtlich vorerst dort auch bleiben, sagte eine srilankische Regierungsquelle gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, nachdem der Präsident zuvor mit seiner Frau aus seinem Heimatland auf die Malediven geflohen war.

Rajapaksa ist auch am Tag nach seiner Flucht auf die Malediven formell zunächst weiter im Amt geblieben. Bis Donnerstagmittag (Ortszeit) lag die Rücktrittserklärung, die Rajapaksa eigentlich für Mittwoch versprochen hatte, laut Parlamentspräsident Mahinda Yapa Abeywardena nicht vor.

Demonstranten hatten am Wochenende unter anderem den Präsidentenpalast gestürmt. Anschließend wurde der ebenfalls unpopuläre Premierminister Ranil Wickremesinghe übergangsweise zu seinem Nachfolger bestimmt.

42 Verletzte bei Protesten

Bei Protesten in der Nacht auf Donnerstag wurden nach Polizeiangaben 42 Menschen verletzt. Protestierende hätten es geschafft, ein Gewehr und Munition zu erbeuten, hieß es. Eine nächtliche Ausgangssperre wurde um 5 Uhr (Ortszeit) aufgehoben, es gab am Donnerstagvormittag zunächst keine neuen Proteste. Die Demonstranten hielten über Nacht aber weiter die offiziellen Residenzen und Büros des Präsidenten sowie des Premierministers besetzt.

Am Donnerstag soll der Parlamentspräsident Vertreter der Opposition und Regierungspartei treffen, um über die politische Zukunft und die Ernennung eines neuen Premierminister zu sprechen. Der gegenwärtige Premier und geschäftsführende Präsident Wickremesinghe bot an, von seinem Amt als Premier zurückzutreten. Die Abgeordneten des Parlaments sollen zudem am 20. Juli einen neuen Staatschef wählen.

Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern erlebt die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1948. Die Demonstrierenden protestieren, weil die Regierung ihr nicht Herr werden konnten. Es mangelt an Treibstoff, Gas zum Kochen, aber auch an Medikamenten und Lebensmitteln. Ein Grund dafür ist, dass Einnahmen aus dem wichtigen Tourismus unter anderem im Zuge der Corona-Pandemie eingebrochen sind. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren.

(APA/dpa)

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