Restaurierung

Das Material der Seiten erzählt eine Geschichte

Papier kam erst im zwölften Jahrhundert nach Europa. Davor dominierte Pergament. In und an den Tierhäuten stecken DNA, Staub und gewisse Moleküle, die viel Information über die Herkunft enthalten.
Papier kam erst im zwölften Jahrhundert nach Europa. Davor dominierte Pergament. In und an den Tierhäuten stecken DNA, Staub und gewisse Moleküle, die viel Information über die Herkunft enthalten. Collins
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Mit detektivischem Gespür entschlüsseln Forschende die Stammbäume der Tiere, aus deren Haut Pergament gewonnen wurde. Leim und Salze können zu Fehlschlüssen führen.

Auf die Frage, wie man Pergament beschreiben kann, antwortet Patricia Engel von der Donau-Universität Krems: „Als Erstes fällt einem der Geruch auf. Pergament ist eine Tierhaut und wenn es z. B. von der Ziege stammt, dann riecht es auch danach.“ Die Restauratorin – ausgebildet an der Akademie der bildenden Künste Wien und habilitiert an der Akademie der Bildenden Künste Warschau – schwärmt seit ersten Studientagen für das Material, das so vielfältig ist und so viele Informationen enthält. „Das Haptische ist bei Pergament ganz unterschiedlich, je nachdem, wie der Prozess des Alterns verlaufen ist“, sagt Engel. Manch ein Exemplar ist weich, sogar flauschig, andere sind sehr glatt. „Aber es kann auch ganz hart sein und ein bisschen bockig. Pergament ist sehr lebendig!“

Jedes Exemplar ist einzigartig

Die Forscherin betont, dass ihr Beruf der Restauratorin weniger mit Handwerk zu tun hat als mit der universitären Ausbildung und der Herausforderung, jedes Werk individuell zu behandeln. „Ein Chirurg muss zwar auch handwerklich lernen, wie er operiert, doch er muss viel studiert haben, um die Mandel-OP eines Kindes anders anzugehen als die eines Erwachsenen.“ Aktuell ist Engel in ein Großprojekt des Europäischen Forschungsrates ERC involviert, das Matthew Collins (Cambridge, UK, und Kopenhagen) leitet. „Tiere zu Kunst: Pergament als biologisches Archiv“ lautet der Titel des ERC-Projekts, das Pergamente in europäischen Klöstern erforscht. Eine Hauptfrage sind die Stammbäume der mittelalterlichen Herden: Wie hat man die Tiere gezüchtet und gehandelt? Welche Krankheiten kamen mit ihnen von Kontinentaleuropa auf die britischen Inseln? „Die Tiere wurden nicht extra auf die Gewinnung von Pergament gezüchtet“, sagt Engel. Die Ziegen, Schafe und Kälber, deren Häute zu Textseiten verarbeitet wurden, waren in erster Linie „zum Essen da“. Weil das Mittelalter aber in puncto Kreislaufwirtschaft vielleicht weiter war als wir heute, wurde alles vom Tier verwendet und nichts verschwendet.

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