Wenn die Äste noch ein bisschen in Richtung Denkmal wachsen, meinte ein Blogger, „schubsen sie den Lueger vom Sockel“.
Streifzug durch Wien

Eine Platane stiehlt Lueger die Show

Seit 1994 steht der riesige Baum auf dem Lueger-Platz unter Schutz, er ist eines von über vierhundert Naturdenkmälern in Wien, die den öffentlichen und halböffentlichen Raum bereichern: darunter die „Tausendjährige Eibe“ am Rennweg, der Japanische Schnurbaum im Stadtpark, der Eichenhain beim Zentralfriedhof.

Die anhaltende Debatte über das Lueger-Denkmal zeigt einmal mehr: Die Beurteilung historischer Persönlichkeiten ist ein Kind der Zeit – und wird zu Recht von jeder Generation aufs Neue hinterfragt. Andererseits könnte man auch sagen, wir beschäftigen uns derzeit viel zu viel mit dieser Art von Denkmälern. Denn angesichts der ökologischen Langzeitkrise sollten wir nicht vergessen, dass es noch andere gibt, die – existenziell gesehen – viel wichtiger sind: Erinnerungsstätten nicht der Kultur, sondern der Natur.

Der Lueger-Platz demonstriert es exemplarisch: Alle fokussieren auf die (allzu) erhaben wirkende Figur des erhöht stehenden Mannes und übersehen, dass dahinter ein noch viel stolzeres und erhabeneres Baum-Wesen steht, dem eigentlich – rein räumlich – ein Großteil des Platzes gehört. Die mächtige ahornblättrige Platane mit ihren riesigen Ästen verströmt eine Aura der Überzeitlichkeit und stellt das vergleichsweise kleine Denkmal vor ihr buchstäblich in den Schatten.

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