Pizzicato

Ein römischer Sommer

In einem normalen römischen Sommer hätte die Trennung Francesco Tottis, einst Galionsfigur und Gladiator des Fußballklubs AS Roma, von seiner Frau, dem TV-Starlet Ilary Blasi, ein paar Kapriolen in den Gazetten geschlagen.

Aber was ist schon normal in einem Sommer, der mit Rücktrittsgerüchten um Papst Franziskus begonnen hat? In dem der Po austrocknet, das Gletschereis in den Dolomiten ins Tal donnert und eine Hitzewelle von 40 Grad heranrollt?

Die Regierungskrise in Rom fügt sich also in ein womöglich größeres Ganzes. Dass der Präsident dem Premier den Rücktritt verweigert hat, ist ein Paradox. Vor einem halben Jahr haben Mario Draghi und Co. ebenjenen amtsmüden Sergio Mattarella bedrängt, noch ein wenig weiterzumachen, um eine Regierungskrise abzuwenden.

Bis zum Start der Ferien in zwei Wochen sollte sich alles auf die eine oder andere Weise in Wohlgefallen aufgelöst haben – und sei es durch eine „Strandregierung“ der Technokraten. Dann fliehen auch die Akteure aus Rom ans Meer oder in die Berge – und „Super-Mario“ auf seinen Landsitz nach Umbrien. Nur die Stimme des Nestors des italienischen Journalismus ist nun verstummt. Eugenio Scalfari, Gründer von „La Repubblica“, Atheist und Papst-Freund, der im fast biblischen Alter von 98 Jahren sein Leben ausgehaucht hat, hat derlei Politdramen zu oft erlebt. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2022)

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