Der „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen ist ein sonderbares Theater-Ereignis: Wir nähern uns ihm mithilfe von vier (früheren) Darstellern.
Vom „ersten Friedenswerk“ war die Rede, als der große Theatermacher Max Reinhardt anno 1917 die Idee lancierte, in Salzburg ein Festspielhaus zu errichten, von den „Besten Europas“, die dort auftreten sollten und von der „erheblichen Bedeutung“, die Festspiele für „weitere Kreise der Erblande unseres erhabenen Kaiserhauses“ haben würden. Nur von einer Freiluftaufführung des „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal war nie die Rede. Als sich nach dem Ersten Weltkrieg die Möglichkeit abzeichnete, tatsächlich Festspiele in Salzburg abzuhalten, existierte das Kaiserhaus nicht mehr und ein Festspielhaus noch lang nicht.
Ebenso wenig hatte es Hofmannsthal geschafft, sein eigens für diesen Zweck vorgesehenes „Großes Salzburger Weltheater“ fertigzustellen. Es war eine Ersatzvornahme, dass Reinhardt seine Produktion des „Jedermann“ auf dem Domplatz stattfinden ließ, deren Uraufführung schon neun Jahre zuvor in Berlin stattgefunden hatte. Der erste Darsteller des Jedermann, Alexander Moissi, war 1920 auch in Salzburg dabei; und man spielte in Dekorationen, die man aus dem Wiener Burgtheater geliehen hatte.
Ein provisorischeres Provisorium hatte die Theatergeschichte noch nicht gesehen. Es sollte auch das dauerhafteste werden. Sehen wir einmal von den „tausend Jahren“ von 1938 bis 1945 ab, stand der „Jedermann“ beinah jeden Sommer auf dem Festspielplan. Nichts, die Musik des Genius loci Mozart vielleicht ausgenommen, ist für die Salzburger Festspiele so identitätsstiftend wie die weltberüchtigten „Jeeeeedeeeermaaann“-Rufe, die bei jeder Aufführung im entscheidenden Moment des Dramas von der Festung über die Stadt hallen.