Regierungskrise

Italiener flehen Draghi an, nicht zu kündigen

Das Zentrum des Krisengeschehens: Palazzo Chigi, Sitz des Regierungschefs in Rom.
Das Zentrum des Krisengeschehens: Palazzo Chigi, Sitz des Regierungschefs in Rom. REUTERS
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Bürgermeister, Industrielle, Gewerkschafter und Parteien sammeln Unterschriften und appellieren an den Premier, am Mittwoch nicht zurückzutreten. Doch derzeit stehen die Zeichen auf Wahlen im Herbst.

Rom/Wien. Es sind hektische, ja nahezu verzweifelte Versuche, Italiens Premier Mario Draghi davon abzuhalten, zu kündigen. Am Wochenende drängten ihn zahlreiche Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft, seinen angekündigten Rücktritt zu überdenken: Bürgermeister, Industrielle, Bauernverbände und Gewerkschaftler verfassten Briefe, sammelten Unterschriften, wiesen auf das hohe Risiko eines paralysierenden Wahlkampfes für das fragile Land an.

„Wir verfolgen diese Krise mit Verblüffung und enormer Sorge“, schrieben mehr als Tausend sowohl rechte als auch linke Bürgermeister. Sie appellierten an Draghi und die Regierungsparteien, die vielen großen Probleme nicht aus den Augen zu verlieren, unter denen die Italiener wegen Pandemie, Energiekrise und Inflation leiden: „Wir Bürgermeister, die jeden Tag dazu aufgerufen sind, die Probleme unserer Bürger zu managen, bitten Mario Draghi, weiterzumachen. Er soll dem Parlament die vielen guten Gründe dafür klarmachen.“ Tatsächlich wollen mehr als die Hälfte der Italiener laut einer Umfrage keine Neuwahlen. Wie unpopulär eine Regierungskrise inmitten dieses geopolitisch und wirtschaftlich instabilen Sommers ist, zeigt auch der Erfolg einer Initiative der mitregierenden Italia Viva von Ex-Premier Matteo Renzi: Zehntausende Italiener signierten bereits ihren Appell an Draghi, nicht zu gehen. Groß ist zudem die Angst, dass Italien Zugang zu EU-Coronahilfen verlieren würde, die an Reformen gebunden sind. Darauf wies Außenminister Luigi Di Maio hin: „Das aufgelöste Parlament wird nicht in der Lage sein, Reformen zu billigen, das bedeutet, dass ein Teil der EU-Wiederaufbaugelder verloren geht.“

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