Verheerende Brände und neue Hitzerekorde in Europa

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Zerstörte Häuser und ein Dutzend Verletzte im Nordosten Athens. Streckensperrungen in Italien. Festnahmen wegen Brandstiftung in Portugal.

Vor dem Hintergrund von Hitze, Trockenheit und teils starken Winden kämpften die Feuerwehren mehrere europäische Regionen am Mittwoch weiter gegen die Flammen. An zahlreichen Orten wurden im Verlauf des Tages weitere Hitzerekorde erwartet.

Im Nordosten Athens drangen die Flammen am Mittwoch in bewohntes Gebiet vor und zerstörten zahlreiche Häuser. Drei Feuerwehrleute und neun Einwohner sind Berichten des staatlichen Rundfunks zufolge leicht verletzt und mit Atemwegsbeschwerden in Krankenhäuser gebracht worden. Sieben Ortschaften und ein Kinderkrankenhaus wurden evakuiert. Im Einsatz waren neun Löschflugzeuge, sieben Löschhubschrauber und  Besatzungen von 120 Löschfahrzeugen.

Das Feuer war am Dienstagnachmittag aus bisher unbekannten Gründen ausgebrochen und war zunächst klein, berichteten Augenzeugen. Binnen kürzester Zeit fachten starke Winde es zu einem Großbrand an. In der Region unterhalb des Berges Penteli im Nordosten Athens waren schon im Sommer 2021 gewaltige Brände ausgebrochen.

Ausnahmezustand in Friaul-Julisch Venetien

In Italien kämpften Feuerwehreinheiten aus Udine, Triest und Görz (Gorizia) weiter gegen eine Großbrand im Karstgebiet an. Auch slowenische Feuerwehrleute und Freiwillige waren an den Löscharbeiten beteiligt. Die Feuerwehreinheiten wurden bei der Bekämpfung der Brände von Löschflugzeugen und Hubschraubern unterstützt. Die Flammen seien noch nicht unter Kontrolle, hieß es am Vormittag.Wegen des starken Rauches, der sich nach einem Brand in der Nähe der Hafenstadt Monfalcone entwickelte, musste ein Produktionswerk der Reederei Fincantieri am Mittwoch geschlossen bleiben. 3.000 Mitarbeiter des Schiffsbauer gingen nicht zur Arbeit. Der Beschluss sei gefasst worden, um die Gesundheit der Arbeitskräfte zu schützen, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.

Die Region Friaul-Julisch Venetien rief wegen der Brände den Ausnahmezustand aus. Die am Dienstag vom Autobahnbetreiber "Autovie Venete" angeordnete Sperre des Abschnitts der Autobahn A4 zwischen Redipuglia und Sistiana in Richtung Triest blieb auch am Mittwoch bestehen. Mitarbeiter der Mautstelle Lisert mussten evakuiert werden.

Der Eisenbahnverkehr auf der Linie Venedig-Triest blieb zwischen Monfalcone und Duino Aurisina ebenfalls eingestellt, der Bahnhof Triest nicht zugänglich. Mehrere Züge wurden gecancelt und ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet, teilte die Bahngesellschaft Trenitalia mit. Die Bahngesellschaft riet den Bürgern in Friaul, auf Reisen zu verzichten.

Festnahmen wegen Brandstiftung in Portugal

Im Urlaubsland Portugal führt die Regierung die verheerenden Waldbrände der vergangenen Tage und Wochen sind im Urlaubsland vor allem auf Unachtsamkeit und vorsätzliche Brandstiftung zurück. Mehr als 50 Menschen seien in diesem Jahr bis Mitte Juli unter dem Verdacht festgenommen worden, für Feuerausbrüche im Wald verantwortlich zu sein, erklärte Innenminister José Luis Carneiro vor einem Parlamentsausschuss.

Nach den Erkenntnissen der Behörden hätten in Portugal nur 23 Prozent aller Brände rein natürliche Ursachen, sagte er. Rund 60 Prozent entstünden durch Unachtsamkeit bei der Benutzung von Feuer, etwa beim Grillen und Rauchen, oder durch das Entzünden von Lagerfeuern. Bei 13 Prozent liegt laut Carneiro vorsätzliche Brandstiftung vor. Die restlichen vier Prozent würden beim Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen verursacht, erklärte der Minister.

Nach Angaben der Naturschutzbehörde ICNF haben Brände in diesem Jahr in Portugal in gut sechseinhalb Monaten bereits fast 60.000 Hektar vernichtet. Das ist mehr als doppelt so viel wie im ganzen Vorjahr (28.415 Hektar).

Mehr als 1000 Notrufe in Großbritannien

Am heißesten Tag in der Geschichte Großbritanniens wurden in London am Dienstag unterdessen mindestens 16 Feuerwehrleute verletzt. Zwei Einsatzkräfte wurden vorübergehend in Spitälern behandelt, wie der stellvertretende Feuerwehrchef der britischen Hauptstadt, Jonathan Smith, am Mittwoch sagte. Die Feuerwehr habe unter beispiellosen Bedingungen gearbeitet. Es habe mehr als 1000 Notrufe gegeben, davon die allermeisten wegen der Hitze.

Smith warnte trotz der deutlich niedrigeren Temperaturen am Mittwoch vor weiteren Feuern. Der Boden sei noch immer völlig ausgetrocknet. Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach vom arbeitsreichsten Tag für die Feuerwehr seit dem Zweiten Weltkrieg. Vor allem zwei Großbrände im Osten Londons sorgten für Aufsehen.

An verschiedenen Stellen des Landes kämpften Feuerwehrleute am Mittwoch weiterhin gegen Brände. Die Behörden in den ostenglischen Grafschaften Norfolk und Suffolk erklärten die Situation jeweils zu einem "major incident" (schwerer Vorfall). Um Ressourcen zu schonen, soll die Bevölkerung die Einsatzkräfte nur in Notfällen alarmieren.

Einschränkungen der Rhein-Schifffahrt in Deutschland

In Deutschland rief der Deutsche Wetterdienst am Mittwoch für fast das gesamte Bundesgebiet eine Hitzewarnung aus; nur einige Regionen im Westen und ganz im Süden waren nicht betroffen. Im Kreis Trier-Saarburg und in der Stadt Trier löste ein Güterzug durch Funkenflug aufgrund der Trockenheit unterdessen mehrere Brände aus.

Die Hitze hat auch Auswirkungen auf die Schifffahrt. Der Wasserstand des Rheins ist in dieser Woche erneut gesunken. "Die Schifffahrt läuft weiter, aber mit teilweise stark reduzierter Ladung", sagte ein Sprecher des Wasserschifffahrtsamtes WSA am Mittwoch. Dies gelte besonders für die kritische Engstelle Kaub bei Koblenz, wo der Wasserstand extrem niedrig sei.

Derzeit könnten die Schiffe noch fahren, es hänge aber vom Schiffstyp ab, ob mit 50 oder nur 30 Prozent der Ladung. Nach Angaben von Rohstoffhändlern ist der Wasserstand in Kaub so niedrig, dass die Schiffseigner im Rahmen ihrer Verträge die Möglichkeit haben, Transporte zu stornieren, wenn sie glauben, dass ihre Schiffe nicht mehr sicher fahren können. Der Rhein ist ein wichtiger Transportweg für Güter wie Getreide, Kohle, Benzin und Heizöl. Flaches Wasser führt zu Zuschlägen auf die Frachtraten und damit zu höheren Kosten für die Frachteigentümer.

(APA/Reuters/dpa/AFP)

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