Quergeschrieben

Dolce Vita im Schanigarten: Geht's dem Wirten gut, geht's uns allen gut

Einschränkung als Relikt des Obrigkeitsstaats: Gastgärten gehören ganzjährig freigegeben und sollten zur Dauereinrichtung werden. Freilich unter einer Bedingung.

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Thomas Weber ist Gründer und Herausgeber von „Biorama“ (Magazin für nachhaltigen Lebensstil) und Buchautor (zuletzt: „100 Punkte Tag für Tag“). Er verantwortet die im Residenz-Verlag erscheinende Buchreihe „Leben auf Sicht“ und lebt im Marchfeld vor Wien. Er schreibt hier ab sofort im 14-Tage-Rhythmus mit der Journalistin und Autorin Anna Goldenberg.

Noch ist es schwer vorstellbar, aber auch der heißeste Sommer hat ein Ende, und schon in drei, dreieinhalb Monaten dampfen uns wieder alle paar Straßenzüge Punsch und Glühwein entgegen. Daran, dass seit ein paar Jahren gefühlt jede zweite Garagenausfahrt zum Christkindlmarkt umfunktioniert wird, haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Und auch eine Welt ohne Schanigärten können sich zumindest die wirklich Jungen unter uns kaum vorstellen. Die Hauptstadt geht abermals mit der Sonderregelung in den Winter, dass für die warme Jahreszeit genehmigte Gast- und Schanigärten im Herbst nicht abgebaut werden müssen. Vergangenen Sonntag verlautbarte die Stadtpolitik gemeinsam mit der Interessensvertretung der Gastronomie, dass die Wiener auch im nächsten Winter draußen sitzen und konsumieren dürfen. Irgendetwas Positives hat also auch Corona gebracht.

Begründet wird die frohe Botschaft mit der Sicherheit der Gäste. Schließlich weiß kein Mensch, in welchen Wellen, mit welchen Varianten die Pandemie in den nächsten Monaten über uns hereinbrechen wird. Auch dass das dauerhaft ermöglichte Draußensitzen der Gastronomie nicht nur Umsätze bringt, sondern die Arbeit für den Abbau und die Lagerung der Außenausstattung erübrigt, wurde als Argument angeführt. Dass weiterhin im Freien ausgeschenkt und bewirtet werden darf, freut aber nicht nur Wirt und Wirtin. Bereit, das Angebot anzunehmen, wären wir. Das haben die vergangenen beiden Winter gezeigt. Auch ich sitze bevorzugt draußen. Mittlerweile ganzjährig. Spätestens seit mich die Pandemie zum Frischluftfanatiker gemacht hat, bringen mich Wind und Wetter nur noch freiwillig in Innenräume, wenn es im Freien besonders unwirtlich ist. Anderswo war es schon immer möglich, ungezwungen draußen zu sein. Dazu brauchte es keine Reise in den milderen Süden. Wer einmal im Adventregen unter den Arkaden der Altstadt von Feldkirch in Decken gewickelt Kaffee getrunken hat, weiß, dass sich das Dolce Vita auch nördlich der Alpen ganzjährig auskosten lässt.

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