Salzburger Uhren

Hochkomplizierte Doppelgänger

Salzburg grüßt Sirnach. Die Markengründer Gerold Rübenbauer, Hein Fladl und Stefan Kieninger (v. r.) in der Werkstatt von Andreas Strehler (2. v. l.), wo die Uhren in der Schweiz hergestellt werden.
Salzburg grüßt Sirnach. Die Markengründer Gerold Rübenbauer, Hein Fladl und Stefan Kieninger (v. r.) in der Werkstatt von Andreas Strehler (2. v. l.), wo die Uhren in der Schweiz hergestellt werden.(c) ok photography
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Spaciges Design, unkonventionelle Anzeige, komplexes Innenleben: Die Salzburger Marke Doppelgänger kreiert Zeitmesser, die auffallen. Und zwar in höchsten Kreisen.

Höhenangst ist die Sache des Stefan Kieninger nicht. Eher das Gegenteil. Er ist passionierter Bergsteiger und Kletterer. Einer, der sein Hobby sogar zum Beruf gemacht hat: Die Industriekletterer seines Unternehmens, mit dem gut gewählten Namen Höhenwerkstatt, werden immer dann zu Hilfe gerufen, wenn zum Beispiel der Aufbau von Kränen, Gerüsten oder Hebebühnen schwierig, teuer oder gar unmöglich erscheint. Vor über zwei Jahrzehnten schon hat der 53-jährige Salzburger die Firma gegründet. Nun hat er sich auf ein neues Terrain vorgewagt: die Herstellung hochkomplizierter Uhren zu astronomischen Preisen.


Gemeinsam mit dem Rhythmuspädagogen und Schwimmlehrer Heinz Fladl und dem Designer, Marathon- und Bergläufer Gerold Rubenbauer hat er die Uhrenmarke Doppelgänger gegründet. Das erste, recht spacige Modell der Mikromarke ist die „NGC-42: ­Double Orbital Indicators“, die auf eine Idee Fladls zurückgeht. Ihre doppelten Orbital­indikatoren zeigen die Stunden und Minuten auf einer nichtlinearen Skala an. Gesteuert durch ein fliegendes Tourbillon und eine Zufallsimpulssteuerung, bewegen sich die doppelten Orbitalindikatoren wie Himmelskörper und umkreisen eine zentrale Zifferblatteinheit in einer dreidimensionalen ­Ekliptik. Der interessante Markenname rührt daher, dass nach jedem Stundenwechsel ein dicker Stunden- sowie ein schlanker Minutenbalken eine Minute lang doppelt sichtbar ist. Zu jeder zwölften Stunde verschwinden beide eine Minute lang, um dann wieder zurückzukehren.

Die „NGC-42: Double Orbital Indicators“ gibt es in Schwarz, Gold und Stahl. Fünf Federhäuser braucht es, um die Energie für die spezielle Zeitanzeige zur Verfügung zu stellen. Ein ­fliegendes Tourbillon darf auch nicht fehlen.
Die „NGC-42: Double Orbital Indicators“ gibt es in Schwarz, Gold und Stahl. Fünf Federhäuser braucht es, um die Energie für die spezielle Zeitanzeige zur Verfügung zu stellen. Ein ­fliegendes Tourbillon darf auch nicht fehlen.beigestellt

Reminiszenzen

Ihren Namen hat die „NGC-42“ vom New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars (NGC), der in den 1880er-Jahren entstand. Er basiert auf Wilhelm Herschels Himmelsbeobachtungen und gilt bis heute als Standardwerk. Gemeinhin steht die Bezeichnung für die Idee, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu vereinen. Die Zahl 42 wiederum verstehen die Gründer als Reminiszenz an den Science-Fiction-Klassiker „Per Anhalter durch die Galaxis“. Dort spielt die Zahl immerhin eine bedeutende Rolle als die Antwort auf die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“. Man sieht schon, die Kollegen beherrschen auch das Storytelling. Dass NGC 42 auch eine elliptische Galaxie im Sternbild Pegasus ist, unterstreicht die geradezu außerirdische Anmutung des Zeitmessers.


Beim Bau der Uhr haben sich Kieninger, Fladl und Rubenbauer allerdings an Profis gewandt. Hergestellt wird der außergewöhnliche Zeitmesser, Kostenpunkt: 200.000 Euro, nämlich bei der Uhrteil AG mit Sitz in Sirnach im Schweizer Kanton Thurgau. Es ist die Wirkstätte des renommierten Schweizer Uhrmachers Andreas Strehler, der sich auf hochkomplizierte Uhren spezialisiert hat. Wie gesagt, Höhenangst ist die Sache des Stefan Kieninger nicht.

("Die Presse Schaufenster" vom 15.7.2022)

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