Kommentar

Italien ist in Geiselhaft von Polit-Zombies

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Aus purem Eigeninteresse stürzen drei Populistenchefs das Land ins ungewisse Chaos

Nach einem der surrealsten Abschnitte der ohnehin wirren italienischen Innenpolitik befindet sich Italien in Geiselhaft von drei Polit-Zombies. Die Hauptverantwortlichen dieser Julikrise samt überraschendem Todesstoß für die Draghi-Regierung sind die untergehenden Chefs dreier Populistenparteien: der rabiate rechte Lega-Boss Matteo Salvini, der zunehmend verzweifelte Ex-Premier Giuseppe Conte der zerfallenden Fünf-Sterne-Bewegung und natürlich Italiens notorischer Lazarus, der immer wieder aus einem Palazzo aufersteht – Silvio Berlusconi, 85 Jahre alt und stets für Überraschungen gut.


Diese drei an sich unterschiedlichen Männer haben einiges gemeinsam, etwa die Hauptmotivation für ihr Vorgehen: Sie handelten aus Torschlusspanik. Ihre Parteien befinden sich im Umfragensinkflug, durch den jüngsten Megaclash (und das Beharren auf ihren teuren Projekten) hoffen sie wohl, doch noch Stimmen zurückzuerobern. Vielleicht mischte auch Hybris mit: Alle drei waren im letzten Jahrzehnt an der Spitze – Conte und Berlusconi als Regierungschefs, Salvini als mächtiger Innenminister. Möglich, dass sie das Abdriften in die Bedeutungslosigkeit im Schatten des Übervaters Draghi nicht verkrafteten.

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