Einwurf

Antisemiten halten Juden für allmächtig

Mascha Schainberg, Überlebende des Holocaust. Auschwitz, 2015.
Mascha Schainberg, Überlebende des Holocaust. Auschwitz, 2015. Daniel Biskup / laif / picturedesk
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Zwischen Rassismus und Antisemitismus besteht ein fundamentaler Unterschied. Nur letzterer tritt als allumfassende Verschwörungserzählung auf. Eine Klärung der Begriffe.

Aktuell finden in der globalen und in der deutschsprachigen Scientific Community gleich mehrere Debatten statt, in denen die Unterschiede zwischen Antisemitismus und Rassismus verwischt werden. In postkolonialen Theorien werden die Massenverbrechen des Nationalsozialismus auf eine „koloniale Logik“ zurückgeführt. Im neuesten Historikerstreit über die Präzedenzlosigkeit der Shoah sehen sich renommierte Historiker mit dem aberwitzigen und in früheren Jahrzehnten nur von Rechtsradikalen erhobenen Vorwurf konfrontiert, sie würden einem „Katechismus“ deutscher Schuld anhängen. In einigen identitätspolitischen Diskursen wird Antisemitismus lediglich als eine Unterform des Rassismus angesehen. Und in bestimmten Ausprägungen der Rassismustheorie wird jegliche Kritik am Islam unter Rassismusverdacht gestellt und die historisch-materialistische Analyse des Rassismus durch identitätspolitische Befindlichkeiten ersetzt.

Insbesondere in Milieus, die sich als links verstehen, wird mittlerweile reflexartig der Begriff einer „Islamophobie“ ins Spiel gebracht, sobald von Antisemitismus die Rede ist. Die Ignoranz gegenüber den Unterschieden zwischen rassistischen und antisemitischen Ideologien behindert zusehends antirassistische und antisemitismuskritische Praktiken. Der Unwille, den „Islamophobie“-Vorwurf als jenen Kampfbegriff der Verteidiger einer islamischen Menschenzurichtung zu erkennen, mit dem noch die brutalsten Formen der Unterdrückung gegen Kritik immunisiert werden soll, charakterisiert seit Jahren die Debatten über Antisemitismus, Rassismus und Islamkritik. Höchste Zeit für einige Begriffsklärungen.

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