Manchmal stehen sie nur und schauen. Nehmen Witterung auf, aber auch das fast ohne Regung, lautlos, mühelos.

Früher waren mir Tiere egal

Antje Rávik Strubel wurde 2021 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet – in diesem Essay aus ihrem neuen Band beobachtet sie eine Elchwanderung: „Die Präsenz der Menschen ist nirgendwo mehr wegzudenken. Überall ist es laut“.

In jenem Jahr, als wir nicht mehr ignorieren konnten, dass unser Dasein auf der Erde nicht grenzenlos und unerschöpflich ist, als der Himmel, frei von Flugzeugen, die Dimensionen seiner Stille offenbarte, als die Vögel deutlicher als je zuvor zu hören waren und mitten in der Großstadt die Luft, frisch und feinstaubfrei, nach Urlaub roch und das Tempo der Straßen und Gespräche sich verlangsamte, im Jahr des Zuhausebleibens, des Sichbeschränkens, eines sich verengenden und vertiefenden Bewegungsradius, der Rücksichtnahme und des Aufhörens, kamen die Tiere zurück.

Zuerst waren es Rehe, die mitten auf der Autobahn standen, im Mai, gegen Mitternacht, als die Abstände zwischen den Fahrzeugen so groß waren, dass die Fahrbahn immer wieder minutenlang verwaist dalag. Sie sprangen nicht eilig in die Böschung. Sie standen dort, als hielten sie diesen Streifen Beton in den havelländischen Wiesen nun wieder für ihr Revier, jedenfalls in diesen Minuten tief in der Nacht.

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