Nordafrika

Ein Referendum über Tunesiens Präsidenten

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Volksabstimmung soll Staatschef Kais Saied noch mehr Kompetenzen einräumen, die Gesellschaft ist gespalten. An den sozialen Problemen ändert das nichts.

Tunis. Wael Naour öffnet das Tor zu seinem bescheidenen Haus in Debouzville, einem der ärmeren Vororte von Tunis. Er und seine Frau Jawhir Chanan wirken müde. Das Paar, das sich als Demokratieaktivisten seit dem Sturz des Diktator Ben Ali vor elf Jahren nicht nur in ihrem Viertel einen Namen gemacht hat, hat schwierige 48 Stunden hinter sich. Am Freitag war Wael bei einer Demonstration in der Innenstadt verhaftet worden. Tags darauf wurde er freigelassen.

Wael zieht sein T-Shirt aus und zeigt seine blauen Flecken von der Verhaftung und der anschließenden rauen Behandlung auf der Polizeistation. Waels Vergehen: Er hat gegen das Verfassungsreferendum am Montag protestiert. Das Paar und seine Freunde haben zum Boykott aufgerufen. Laut Verfassungsentwurf werden die Kompetenzen des Präsidenten Kais Saied erweitert. „Wir gehen nicht hin, weil wir ihm keine Legitimität verleihen wollen“, argumentieren Wael und Jawhir.

Ein nicht korrupter Saubermann?

Kaum jemand spricht am Vorabend des Referendums vom Inhalt des Verfassungsentwurfs. Es ist eine Abstimmung für oder gegen den Präsidenten. Für die einen ist er derjenige, der das Land aus den Fängen der islamistischen Ennahda-Partei geholt hat. Seine Anhänger feiern Saied als nicht korrupten Saubermann. Er selbst präsentiert sich immer wieder populistisch als eine Anti-Establishment-Figur, die mit den alten korrupten politischen Eliten aufräumt.

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