Prozesstag 6

Strache-Prozess: "Das war ein reiner Freundschaftsdienst, Frau Staatsanwalt"

Heinz-Christian Strache auf dem Weg in den Großen Schwurgerichtssaal
Heinz-Christian Strache auf dem Weg in den Großen Schwurgerichtssaal(c) Roland Schlager, APA
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Der Ex-Vizekanzler Strache soll dem Unternehmer Stieglitz einen Aufsichtsratsposten bei der Asfinag verschafft haben - im Gegenzug für eine Spende, sagt die WKStA. Die Angeklagten bestreiten das. Die „Presse“ berichtete live.

Verhandlungstag Nummer sechs von sieben im Bestechlichkeits- und Bestechungsprozess um Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und den mit ihm befreundeten Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz brachte die Einvernahme der letzten Zeugen sowie eine Modifikation der Anklage. Was sich nicht verändert hat: Die beiden Angeklagten plädieren auf „nicht schuldig“, und die Unschuldsvermutung ist weiter aufrecht.

Der Reihe nach: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ortet Postenschacher. Demnach soll Stieglitz im Gegenzug für eine (gestückelt überwiesene) Spende von insgesamt 10.000 Euro an den FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ und die Einladung Straches auf eine Reise nach Dubai von diesem einen Aufsichtsratsposten zugeschanzt bekommen haben. So weit, so bekannt. Was am Dienstag neu hinzukam: Der Wert der Reise wurde nach oben geschraubt – auf 3540 Euro. Ebenfalls in die Anklage aufgenommen wurden Einladungen von Stieglitz an Strache in den Wiener Palazzo-Palast. „Das stimmt alles nicht“, reagierte Stieglitz darauf.

Die Richterin nahm beides zur Kenntnis und fuhr mit der Einvernahme der drei letzten Zeugen fort. Als Erstes wurde Andreas K. befragt. „Ich bin Lobbyist“, bekundete der ehemalige Polizist und Honorarkonsul von Aserbaidschan, der seit 23 Jahren mit Strache befreundet sein will. Man telefoniere sehr oft, schilderte K., er habe einen „24-Stunden-Zugang zu Strache“. Sein Verhältnis zu Stieglitz, den er vor zwölf Jahren über Strache kennengelernt habe, sei freundschaftlich und ehrlich: „Herr Stieglitz hat mir gegenüber immer die Wahrheit gesagt.“ Insofern habe er ihm auch geglaubt, als dieser ihm erzählt habe, dass ihm der damalige Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) nach seinem Aufsichtsratsposten bei der Asfinag (den er am 2. März 2018 erhalten hat), auch einen bei den ÖBB zugesagt habe – erhalten hat er ihn nie.

K. habe Strache darauf angesprochen und gemeint, dass Zusagen einzuhalten seien: „Das war ein reiner Freundschaftsdienst, Frau Staatsanwalt“, betonte der Zeuge gegenüber Oberstaatsanwältin Silvia Thaller. Strache habe das ebenso gesehen und entsprechend nachgefragt. Allerdings: Er habe immer klargestellt, dass er keine Entscheidungen treffen, nur Empfehlungen abgeben könne. „Hofer war ein sehr selbstständiger Minister – und wenn der Vizekanzler zu ihm sagt, 'du hast das zu machen', dann wird Hofer das sicher nicht machen, so meine Einschätzung“, schilderte K. Wie Strache und Hofer wurde übrigens auch K. 2019 zu Stieglitz' 50. Geburtstagsfeier nach Dubai eingeladen. Während K. anreiste, sagten Hofer und Strache ab.

Ex-Kabinettschef: „Andere waren nicht so blank“

Zeuge Nummer zwei war Rene Schimanek, damals Kabinettchef von Hofer. Für letzteren will er unter anderem Namen für potenzielle Aufsichtsratsposten gesammelt haben. Auch Stieglitz sei auf einer solchen gestanden. Weshalb? Vielleicht, weil sich Strache das gewünscht habe, vielleicht, weil ihm der Name von Hofer genannt worden sei, zeigte der Zeuge Erinnerungslücken. Auch erinnerte er sich nicht daran, wann er mit Stieglitz „per Du“ geworden ist und, ob er den Oberösterreicher im Dezember 2017 auf der FPÖ-Weihnachtsfeier kennengelernt hat, oder bei einem Treffen im Kabinett im Februar 2018. Was er noch wusste: „Andere waren nicht so blank, wie ich es war.“

Eindeutigere Wahrnehmungen brachte Zeuge Nummer drei mit – zumindest schien es zunächst so. Er habe Stieglitz bei einem Ländermatch kennengelernt und habe sich fortan mit diesem „auf Kaffees getroffen“. Mittlerweile würde er sich zu dessen „inner circle“ zählen, wurde er doch auch zu Stieglitz‘ 50. Geburtstag nach Dubai eingeladen. Wann die Einladung erfolgt sei? „Im April oder Mai 2019“ bei der Abschiedsfeier des damaligen Vize-Kabinettschefs Hartwig Hufnagl, meinte der Zeuge. Thaller kam das seltsam vor, ob er sich sicher sei? Immerhin sei Hufnagl schon im Februar 2019 zum Asfinag-Vorstandsdirektor für Betrieb bestellt worden. Er sei sich sicher, meinte K. Als die Verteidigung ihm dieselbe Frage stellte, nahm er davon doch Abstand. Womöglich war es ein anderer Event.

Sicher ist: Das letzte Wort hatte Richterin Mona Zink. Die Urteile sollen am kommenden Freitag fallen, kündigte sie an. Was sie nicht sagte, aber dennoch zutrifft: Die „Presse“ wird diese live tickern.

Der Liveticker zum Nachlesen:

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