Prozess

Fall Leonie: Ruf nach Mordanklage

Die Anwälte der Hinterbliebenen, Johannes Öhlböck (li.) und Florian Höllwarth, sprechen nun offensiv die Möglichkeit an, die bereits vorliegende Anklage in Richtung Mord zu drehen.
Die Anwälte der Hinterbliebenen, Johannes Öhlböck (li.) und Florian Höllwarth, sprechen nun offensiv die Möglichkeit an, die bereits vorliegende Anklage in Richtung Mord zu drehen.APA/Georg Hochmuth
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Die Hinterbliebenen der 13-jährigen Leonie bringen sich vor dem Vergewaltigungs-Prozess gegen drei junge Männer aus Afghanistan in Stellung. Erwartet wird, dass sich die Eltern des Opfers und die vier Geschwister mit Schadenersatzforderungen dem Strafverfahren anschließen.

Vermutlich im September wird der Strafprozess gegen die drei afghanischen Asylwerber stattfinden, die den Tod der 13-jährigen Leonie zu verantworten haben. Das Mädchen aus Niederösterreich war in der Nacht auf den 26. Juni 2021 mit Ecstasy betäubt und laut Anklage von allen drei Männern vergewaltigt worden (laut DNA-Gutachten fanden sich Spuren auf dem Opfer bzw. auf den Tätern, die diesen Vorwurf stützen). Nach den sexuellen Attacken auf das zu diesem Zeitpunkt wehrlose Opfer starb Leonie an einer Ecstasy-Überdosis. Die Anwälte der Hinterbliebenen, Florian Höllwarth und Johannes Öhlböck, erklärten am Dienstag auf einer Pressekonferenz, dass auch eine Mordanklage in Frage komme. Be den anwaltlich vertretenenen Hinterbliebenen handelt es sich um Leonies Eltern und vier Geschwister zwischen 16 und 20.

Die vorliegende Anklage lautet auf Vergewaltigung mit Todesfolge und auf schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen. Einer der drei Verdächtigen, ein Erwachsener, ist demnach mit bis zu lebenslanger Haft bedroht (das wäre bei einer Mordanklage auch so), die beiden anderen gelten als junge Erwachsene, ihnen drohen bis zu 20 Jahre Haft. Einer dieser beiden jungen Erwachsenen (dies ist man bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres) hatte sich zuletzt noch „jünger gemacht“, ein Gutachten zur Altersfeststellung weist ihn aber als mindestens 18-jährig zur Tatzeit aus.

Da zwei Angeklagte jeweils bereits drei Verurteilungen wegen Drogendelikten haben, argumentieren die Hinterbliebenen-Anwälte nun so: Man könne den Männern auch Mord zum Vorwurf machen, da diese wegen ihres Vorlebens um die Wirkung einer Überdosis Ecstasy wissen mussten.

Tatsächlich ist der für Mord nötige (bedingte) Vorsatz auch dann gegeben, wenn man den Todeseintritt ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Da eben zwei der drei Angeklagten jeweils drei Haftstrafen wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz zu Buche stehen haben und auch deshalb bereits im Gefängnis gesessen sind, könnte das Gericht wohl auch annehmen, dass man als Ex-Drogendealer genug über die Wirkweise von Ecstasy weiß. Leonie hatte nicht weniger als sieben Tabletten Ecstasy in der Wohnung eines der Angeklagten verabreicht bekommen. Schon davor war ihr eine Tablette angeboten worden, diese hatte sie freiwillig eingenommen.

Mordanklage als starkes Symbol

Es gehe darum, dass eine Modifikation der Anklage in Richtung Mord nach außen ein Symbol darstelle, welches den Unwert der Tat widerspiegle, so die Hinterbliebenen-Anwälte. Derzeit würden sich die drei Angeklagten wechselseitig die Schuld in die Schuhe schieben bzw. die eigene Tatbeteiligung in Abrede stellen. Einer der drei war sogar in London untergetaucht, wurde aber von Zielfahndern aufgespürt und nach Wien zurückgebracht. Für das Trio gilt die Unschuldsvermutung. 

Indessen kündigten Höllwarth und Öhlböck an, beim Prozes (Verhandlungstermine gibt es noch keine) einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit zu stellen. Es sei davon auszugehen, dass die Prozessbeobachter aber die Einvernahmen der Angeklagten zu hören bekommen werden. Der Ausschluss könnte erst dann vom Gericht verhängt werden, wenn jene Videos im Gerichtssaal vorgespielt werden, welche die Angeklagten selbst von ihrer eigenen Tat angefertigt hatten. Ob es einen Ausschluss gibt und wann dieser erfolgt, ist freilich Sache des Gerichts.

Indessen bereiten die Anwälte sogenannte Privatbeteiligten-Anschlüsse vor. Das heißt, dass sie Namen der Hinterbliebenen Entschädigungszahlungen von den Angeklagten fordern werden. Konkret werden Ansprüche auf Trauerschmerzengeld gestellt. Pro Hinterbliebenen könnten in etwa zwischen 10.000 und 50.000 Euro eingefordert werden. Jedoch muss man bedenken, dass es - auch bei einem Zuspruch der Gelder - äußerst fragwürdig ist, ob die Angeklagten das Entschädigungsgeld aufbringen können (und wollen).

Entschädigung per Amtshaftung

Letztlich ließen sich die Anwälte auch offen, den Staat per Amtshaftunsgklage in die Pflicht zu nehmen. Argument: Hätte man die amtsbekannten - vorbestraften - Männer in ihre Heimat abgeschoben, so wäre es nicht zur der Tat gekommen. Ob sich aber rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten von Staats-Organen beweisen lässt, ist vorab schwer einzuschätzen. Es dürfte jedenfalls nicht einfach werden.    

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