Morgenglosse

Asyl: Rhetorik wider die Realität

Österreichs harte Migrationsansagen der letzten Jahre stehen im krassen Widerspruch zu den stark steigenden Asylzahlen. Und doch versucht man es weiter mit Zuspitzung.

Die Entwicklung ist weder neu noch unerwartet, rückt aber mit dem Umstand, dass sich Karl Nehammer und Viktor Orbán morgen im Kanzleramt über illegale Migration unterhalten wollen, wieder einigermaßen in den öffentlichen Fokus: Die Asylzahlen in Österreich steigen stark an, und das seit fast einem Jahr. Ein Auszug: In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden so viele Asylanträge gestellt wie in den Krisenjahren 2015 und 2016, im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl zuletzt um mehr als 200 Prozent in die Höhe, Ukraine-Vertriebene noch gar nicht mitgezählt. Dabei verzeichnete Österreich bereits 2021 mit rund 40.000 die zweitmeisten Asylanträge pro Einwohner in Europa. In ein demografisches Verhältnis gerückt bedeutet das: Selbst im Vorjahr kamen also bereits ungefähr halb so viele Menschen über das Asylsystem nach Österreich, wie hierzulande jährlich geboren werden. Man muss noch kein Identitärer sein, um diese Relation auf Dauer nicht ideal zu finden.

Auch die ÖVP ist nicht per se unglaubwürdig, wenn sie sagt, ihr sei das zu viel. Mehr noch: Mit ein wenig Wohlwollen nimmt man der Kanzlerpartei ja sogar ab, dass sie sich mit Flickwerkpolitik entlang der osteuropäischen Grenzen ehrlich um das Ziel, illegale Migration einzudämmen, bemüht. Die Sache ist nur: Viel geschehen ist dabei europaweit nicht, und nationaler Spielraum ist kaum vorhanden. So bleibt den Türkisen auch fünf Jahre nach ihrem von kantigen Asylansagen getragenen Einzug ins Kanzleramt nicht viel mehr als die Wiederholung alter Forderungen und eine stete Zuspitzung ohnehin schon scharfer Rhetorik, um ihre harte Migrationslinie immer wieder aufs Neue zu demonstrieren. Die Einladung einer rechten Symbolfigur der Marke Orbán erfüllt diesen Zweck bestimmt. Viel mehr aber auch nicht. 

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