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Der Gaskrieg und die Sprache als Archiv des Schreckens

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HUNGARY-RUSSIA-EU-SANCTION-OIL-REFINERYAPA/AFP/ATTILA KISBENEDEK
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Orbáns schlechter Scherz über „deutsches Know-how“ gibt zu denken: Wie aufgeladen ist das Wort für den gasförmigen Aggregatzustand?

Mitunter sticht einem ein Wort ins Auge. Wie das Wort „Gaskrieg“ in der „Welt“ vom Mittwoch. Chefkommentator Jacques Schuster verwendet es für die Rolle, die russisches Erdgas im Angriffskrieg auf die Ukraine und in der Reaktion des Westens darauf spielt. Es bedeutet leider üblicherweise etwas anderes: einen Krieg, in dem Giftgas eingesetzt wird. Zum ersten Mal geschah das im Ersten Weltkrieg. Seither ist das Schreckensbild der Gasmaske in den Köpfen.

Noch entsetzlicher ist die Erinnerung an den Holocaust, den nationalsozialistischen Massenmord an Juden, in dem die bevorzugte Tötungsmethode das Einleiten von Giftgas (Blausäure oder Kohlenmonoxid) in sogenannte Gaskammern war. Vergasung nannten die NS-Schergen das zynisch und stigmatisierten damit ein Wort, das davor einen physikalischen Prozess (die Überführung eines festen oder flüssigen Stoffs in den gasförmigen Zustand) bezeichnet hatte. Wer seither „bis zur Vergasung“ sagt, erinnert an das Grauen, ob er das will oder nicht.

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