Handelsgericht Wien

Streit um Antisemitismus-Vorwurf: "News"-Klage abgewiesen

VGN-Chef Horst Pirker nennt das Urteil "eine bittere Niederlage".
VGN-Chef Horst Pirker nennt das Urteil "eine bittere Niederlage".Herbert Neubauer/APA/picture
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Die VGN Medien Holding GmbH, Inhaberin des Magazins „News“, hat das Online-Medium „mena-watch“ und den Autor Christian Ortner auf Unterlassung eines Antisemitismus-Vorwurfs geklagt. Die Klage wurde erstinstanzlich abgewiesen.

Das Magazin „News“ hatte am 15. April den Artikel „Die Psychologie der Macht“ veröffentlicht. Darin schrieb die Psychotherapeutin Monika Wogrolly ein Psychogramm über Russlands Machthaber Wladimir Putin und den Präsidenten der Ukraine Wolodymyr Selenskij. Bei der Beschreibung Selenskijs heißt es unter anderem: „Das Motiv des Histrionikers ist, seine innere Leere aufzufüllen; was er wie ein Vampir unablässig tun muss, und das, indem er lügt und blendet, um sich selbst zu beweisen, wie großartig er ist.“

Weiter heißt es: „Nachdem man in den Menschen Selenskij nicht hineinschauen kann, lässt das vermuten, dass er - wie jeder berufene Schauspieler - auch jetzt seine politische Rolle perfekt zu erfüllen trachtet. Und möglicherweise, ohne sich selbst der Folgen und seiner damit einhergehenden Instrumentalisierung (durch den im Hintergrund agierenden Übervater, dem er gefallen will) bewusst zu sein. Triebfeder kann hier, wie gesagt, das psychologische Trauma seiner jüdischen Vorfahren und die Sehnsucht nach dem Einssein und Geliebtwerden mit und von einem scheinbar allmächtigen Vater sein." 

Daraufhin war auf „mena-watch“, verfasst von Autor Christian Ortner (er schreibt auch in der „Presse“ eine wöchentliche Kolumne), unter anderem zu lesen: „Jetzt sehen wir plötzlich das ganze Bild, weltexklusiv dank der Grazer ,Philosophin und Psychotherapeutin´: weil Selenskijs Vorfahren von den Nazis im Holocaust ermordet worden sind, wurde der zum hysterischen Vampir, der den missverstandenen Putin dazu zwingt, die Ukraine von den dortigen Hitler-Groupies zu befreien.“

Und: „Man kann in diesem Zusammenhang den Mut und die Unerschrockenheit von ,News´ und dessen Eigentümer Dr. Horst Pirker nicht genug bewundern und loben. Denn einen jüdischen Politiker mit einem ,Vampir´ zu vergleichen, der das Blut braver Christenmenschen saugt, wagten in der Geschichte des deutschsprachigen Pressewesens zuletzt etwa der Stürmer, der Völkische Beobachter und ähnliche Publikationen, seit 1945 ist diese schöne Tradition ja leider umständehalber etwas aus der Mode gekommen."

Die VGN Holding klagte: Die Medieninhaberin von „mena-watch“ habe es ab sofort zu unterlassen, die Behauptungen, die klagende Partei würde Antisemitismus verbreiten, zu publizieren. Auch wurde ein Widerruf auf „mena-watch“ begehrt. Denn: Der „mena-watch"-Artikel sei kreditschädigend. Und ehrenbeleidigend.

Beide Begehren wurden nun vom Handelsgericht Wien abgewiesen. In der Urteilsbegründung schreibt der Richter: „Vampir und jüdische Vorfahren finden sich im selben, letzten Absatz, nur durch einen einzigen Satz getrennt, womit die Autorin dem Leser einen Zusammenhang aufdrängt. Da dem historisch gebildeten Leser bekannt ist, dass schreckliche Progrome unter anderem durch den Vorwurf, Juden hätten das Blut christlicher Kinder für Rituale verwendet, entfesselt wurden, bedient der Artikel antisemitische Stereotype. Gerade weil sich die Autorin den Anstrich der Wissenschaftlichkeit gibt, müssen ihre Formulierungen ernst genommen werden."

Pirker reagiert Donnerstagvormittag auf Twitter. Der Tweet lautet: „Das Handelsgericht Wien hat die Klage des Magazins ,News´gegen den Autor Christian Ortner und den Blog ,mena-watch´ im Kontext der ,Analyse´ einer Gastautorin über die Präsidenten Putin und Selenskij zur Gänze abgewiesen. Eine bittere Niederlage, die nachdenklich macht."

Pirkers Rechtsvertreter Gerald Ganzger sagte auf „Presse"-Anfrage: „Wir haben nun bis Mitte September Zeit uns ein Rechtsmittel zu überlegen."

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