Vor dem Bundeskanzleramt demonstrierte eine Schar gegen Ungarns Premier. Drinnen gab er den Charmeur, Kritiker des Ukraine-Kriegs und Polit-Philosophen. In seinen 16 Jahren als Premier traf er den achten Kanzler in Wien.
Ehe der Konvoi der schwarzen Limousinen, der gerade durch den Burghof gejagt ist, am Ballhausplatz zum Stehen kommt und die Türen auffliegen, hebt bereits eine Kakofonie vereinzelter Buh- und Bravorufe an. Die „Omas gegen rechts“, eine kleine Schar mit weißen Sonnenschirmen und Wollmützen auf dem Kopf, blasen kräftig in ihre Trillerpfeifen. Erst die beiden Hymnen unterbrechen die Beifalls- und Missfallenskundgebungen gegen den Gast aus Budapest. Als Karl Nehammer und Viktor Orbán auf dem roten Teppich die Ehrenkompanie abschreiten, geht alles wieder von Neuem los. „Verräter“, tönt einer.
Für Josef Mayr ist es ein Bedürfnis, seinen Protest lautstark kundzutun. Er wohnt gleich um die Ecke vom Heldenplatz, erzählt er. „Wenn er auch in Transsylvanien Beifall bekommt, so soll er hier doch Gegenwind spüren“, sagt er in Anspielung auf die umstrittene Rede des ungarischen Premiers in B?ile Tuşnad am Samstag im rumänischen Siebenbürgen bei der Sommerakademie der Fidesz-Partei, die das westliche Ausland längst nicht so gut aufgenommen hat wie die eingefleischten Anhänger.