Bühne

Die Frau für junge Festspiele

Junge Menschen für Theater und Oper zu begeistern, ist Ursula Gessat ein Herzensanliegen. Sie leitet das Jugendprogramm der Salzburger Festspiele.

Mit sieben Jahren hat Ursula Gessat ihren ersten „Tannhäuser“ gesehen. Oper, Konzerte, Theater oder bildende Kunst waren selbstverständlicher Teil ihrer Kindheit und begeisterten sie.
„Ich habe mich manchmal wie eine Exotin gefühlt“, erzählt sie. Alle anderen in der Klasse fanden den Ausflug zu einer Opernaufführung öde, sie freute sich darauf.

Heute ist es ihr ein Herzensanliegen, jungen Menschen die Begeisterung für Musiktheater und Schauspiel näherzubringen. „Ich hatte das Glück, in einer Familie aufzuwachsen, in der Musik, Theater und Kunst eine große Rolle gespielt haben. Mein Großvater war Theaterschneider im Nationaltheater Mannheim, er hat mir viel von der Arbeit hinter den Kulissen vermittelt“, erzählt Gessat.

Seit 2021 ist sie Education Managerin der Salzburger Festspiele und damit für die Programmschiene jung & jede*r verantwortlich. Die Aufgabe ist für sie weit mehr als ein Beruf, es ist eine Berufung. „Es weckt meinen Ehrgeiz, wenn ich vor einer Klasse mit 26 Mädchen und Burschen stehe und sie mich skeptisch fragen, was denn an Oper toll sein soll.“ Mit Menschen, die ein Theater- oder Musikabonnement haben, unterhält sie sich gern. Aber jene, die normalerweise mit dem klassischen Kulturrepertoire nicht in Berührung kommen, zu erreichen und im besten Fall dafür zu interessieren, empfindet sie als spannende Herausforderung.

Dass sie etwas mit Theater machen will, hat Gessat schon als Schülerin gewusst. Sie entschied sich schließlich für eine Ausbildung zur Sprecherin und Sprechtrainerin sowie für das Studium Theaterpädagogik. Nach ihrem Abschluss sammelte Gessat am Schauspielhaus Zürich, am Theater Basel und an der Jungen Oper der Staatsoper Stuttgart Erfahrung, ehe sie zwölf Jahre für die Bayerische Staatsoper das Jugendprogramm verantwortete. Als die Salzburger Festspiele die Leitung der Jugendschiene ausschrieben, bewarb sie sich und bekam die Stelle.

„jung & jede*r" sei im Zuge des Jubiläums „100 Jahre Salzburger Festspiele“ entstanden, erzählt Gessat. Von Anfang an war klar, dass dieses neue Angebot über das Jubiläumsjahr hinaus bleiben müsse. jung & jede*r beschränkt sich nicht auf sechs Wochen im Sommer, sondern geht ab Mai mit eigenen mobilen Produktionen an die Schulen in Stadt und Land Salzburg. „Wir erreichen damit alle Kinder und nicht nur solche aus kulturaffinen Familien“, sieht Gessat darin einen wichtigen Auftrag. „Kulturvermittlung ist keine Einbahnstraße“, freut sie sich darüber, dass auf dieser Tour durch das Land viel entsteht und Brücken zum jungen Publikum und zu vielen Kulturinitiativen am Land geschlagen werden.

Heuer sahen das Jugendstück „Ich lieb dich“ und das für Volksschulkinder gedachte Schauspiel „Wut“ bei der Schultour rund 1700 Kinder und Jugendliche. Die beiden Stücke werden auch beim Sommerfestival gezeigt, dazu kommt die Kinderoper „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“, Einführungsveranstaltungen und die Abschlussaufführungen des Jedermann- und der drei Operncamps. Die Möglichkeit, sich eine Woche lang mit anderen begeisterten Kindern in eine Oper zu vertiefen und zu musizieren, hätte Gessat als Kind auch gerne gehabt: „Da hätte ich gemerkt, dass es auch andere Exoten gibt, die sich für Musik und Theater begeistern.“

Mentoren für den Festspielbesuch

Auf ein Projekt freut sich die in Heidelberg geborene Theaterpädagogin heuer besonders. Erstmals wird es Festspielpatenschaften geben. Menschen, die gerne in die Festspiele gehen, wurden eingeladen, Jugendliche zu einer Aufführung zu begleiten und ihnen als Mentoren zur Seite zu stehen. „Es haben sich sofort 70 Patinnen und Paten gemeldet“, sagt Gessat. Sie werden gemeinsam mit ihren Schützlingen in eine Aufführung gehen – zuvor gibt es ein Kennenlernen und eine Einführung in das Stück.

Die Paten sollen den jungen Menschen gerne auch ihre Rituale rund um den Festspielbesuch näherbringen – das Flanieren in der Hofstallgasse, den Pausensekt oder das Diskutieren über die Eindrücke nach der Aufführung. „Auf diese Begegnungen freue ich mich am allermeisten“, sagt Gessat. Und vielleicht legt sie damit ja bei dem einen oder anderen jungen Besucher den Samen für weiteren Kulturgenuss.

Auf einen Blick

Ursula Gessat leitet die Reihe jung & jede*r der Salzburger Festspiele – Theater und Oper für Sechs- bis 27-Jährige. Heuer gibt es die Schauspielproduktionen „Ich lieb dich“ und „Wut“ sowie die Kinderoper „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“.

Die Produktionen von jung & jede*r laufen im Schauspielhaus. Zudem gibt es Festspielpatenschaften: Menschen, die gerne in die Festspiele gehen, begleiten Jugendliche zur Aufführung und fungieren als Mentoren.

Web: www.salzburgerfestspiele.at

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.