Frankreich

Wie Macron den saudiarabischen Prinzen hofiert

APA/AFP/BERTRAND GUAY
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Erstmals seit dem Khashoggi-Mord kommt Salman offiziell nach Frankreich. Präsident Macron wird für den feierlichen Empfang heftig kritisiert.

Bis tief in die Nacht dinierten sie: Knapp vier Jahre nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi ist der saudiarabische Kronprinz Mohammed bin Salman erstmals in Frankreich empfangen worden. Präsident Emmanuel Macron begrüßte bin Salman bei dessen Ankunft in Paris am Donnerstagabend mit einem langen Handschlag. Menschenrechtsgruppen hatten im Vorfeld gegen das Treffen protestiert, weil es bin Salman auf der internationalen Bühne weiter rehabilitiere.

Der saudiarabische Kronprinz wurde von Macron herzlich empfangen, wie Bilder von AFP TV zeigten. Bin Salman und Macron schüttelten sich demnach lange die rechte Hand - und fügten danach auch noch ihre linken Hände hinzu. Macron geleitete den Kronprinzen über den roten Teppich die Treppe hinauf in den Elysée-Palast. Keiner von ihnen sprach dabei. Im Anschluss fand das Arbeitsessen im Elysée-Palast statt.

Menschenrechtsgruppen kritisierten, das der saudische Kormprinz, der nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes den Mord an Khashoggi im saudiarabischen Konsulat in Istanbul gebilligt hat, auf internationaler Bühne rehabilitiert wird. Erst kürzlich hatte US-Präsident Joe Biden im Rahmen seiner Nahost-Tour auch Jedda besucht und war dort mit bin Salman zusammengetroffen. Die beiden Staatsoberhäupter hatten sich mit einem Faustschlag begrüßt. Im Wahlkampf hatte Biden noch erklärt, Saudi-Arabien wie einen Paria-Staat behandeln zu wollen.

"Der Besuch von Mohammed bin Salman in Frankreich (...) ändert nichts daran, dass er ein Totschläger ist", sagte Agnès Callamard, die als UN-Sonderberichterstatterin zu dem Mord an dem Regierungskritiker ermittelt hatte, der AFP. "Wird die zerstückelte Leiche Khashoggis beim Treffen von Emmanuel Macron und MBS auf der Tagesordnung stehen? Das Klimachaos? Menschenrechte? (...) Nein, es wird um Öl und Waffen gehen", schrieb der ehemalige grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot auf Twitter.

Auch die türkische Verlobte Khashoggis verurteilte das Treffen Macrons mit bin Salman. "Ich bin schockiert und empört, dass Emmanuel Macron den Henker meines Verlobten Jamal Khashoggi mit allen Ehren empfängt", sagte Hatice Cengiz der Nachrichtenagentur AFP. "Der Anstieg der Energiepreise wegen des Krieges in der Ukraine kann nicht rechtfertigen, dass wir - im Namen einer vermeintlichen Realpolitik - die Verantwortlichen für die saudiarabische Politik gegenüber politischen Gegnern freisprechen."

Eine Residenz wie Versailles

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte den Kronprinzen am Mittwochabend bei seiner Ankunft in Paris begrüßt. Bin Salman reiste aus Griechenland an. Der Kronprinz besitzt in der Nähe von Paris eine Residenz im Stil des Schlosses von Versailles, die er 2015 für 275 Millionen Euro gekauft hatte. Sie galt damals als teuerste Immobilie der Welt. Erbaut hatte sie ausgerechnet ein Cousin des später ermordeten Khashoggi.

Das verstärkte Interesse an Saudi-Arabien ist auch eine Folge des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Explosion der Energiepreise. Der Westen versucht bisher vergeblich, Saudi-Arabien zu einer erhöhten Öl-Produktion zu bewegen, damit der Ölpreis sinkt und die Inflation eingedämmt wird.

Die Khashoggi-Affäre betrachtet bin Salman als eine inzwischen erledigte "Tragödie". Die Verantwortlichen seien ermittelt und verurteilt, heißt es in Riad. Vor zwei Jahren hatte ein Gericht in Saudi-Arabien acht Männer wegen des Mordes zu Haftstrafen zwischen sieben und 20 Jahren verurteilt. Eine mutmaßliche Mitverantwortung weist der Kronprinz zurück.

15-köpfiges Kommando erwartete den Journalisten

Der 59-jährige Khashoggi, der für die "Washington Post" schrieb, hatte am 2. Oktober 2018 im saudiarabischen Konsulat in Istanbul Papiere für seine bevorstehende Hochzeit abholen wollen. Nach offiziellen Angaben aus der Türkei und den USA wartete dort ein 15-köpfiges Kommando aus Saudi-Arabien, ermordete ihn, zerstückelte seine Leiche und ließ die Überreste verschwinden.

Die von Khashoggi gegründete Menschenrechtsgruppe Democracy for the Arab World Now (Dawn) sowie Trial International reichten am Donnerstag in Paris eine Strafanzeige ein, in der bin Salman beschuldigt wird, an dem Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. "Die französischen Behörden sollten sofort eine strafrechtliche Untersuchung gegen MBS einleiten", forderte Dawn-Geschäftsführerin Sarah Leah Whiston.

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