Leitartikel

Atomkraft ist nicht die Zukunft, sie bleibt aber Teil der Gegenwart

Atomkraftwerk Grohnde
Atomkraftwerk GrohndeAPA/dpa/Julian Stratenschulte
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Bis die Energieversorgung vollkommen auf Erneuerbare umgestellt ist, wird es noch dauern. In der Übergangsphase haben auch AKW ihre Berechtigung.

Ein kleiner Ausflug in die Physik erklärt, warum die Menschen in den 1960er-Jahren die Atomkraft als die Energiequelle der Zukunft gesehen haben. So reicht die Spaltung von einem einzigen Gramm Uran aus, um etwa 20.000 Kilowattstunden Energie freizusetzen. Im Vergleich zu konventionellen Brennstoffen eine unglaublich hohe Ausbeute. So braucht es für die gleiche Energiemenge rund 2500 Kilogramm Steinkohle oder etwas mehr als 2000 Liter Heizöl. Und auch gegenüber modernen, brennstofffreien und somit erneuerbaren Energieerzeugungsmethoden ist die Leistungsfähigkeit der Atomkraft beachtlich. Schließlich muss ein Windrad mit einer Leistung von drei Megawatt knapp sieben Stunden unter Volllast laufen, um die Energiemenge von nur einem Gramm Uran zu erzeugen.

Doch diese Vorteile der Atomkraft sind teuer erkauft, wie der Mensch in den vergangenen 60 Jahren lernen musste. Über die Zeit fällt in den AKW nämlich trotzdem beträchtlich viel radioaktiver Abfall an, der für Hunderte Jahre irgendwo sicher gelagert werden muss. Das ist schon geologisch herausfordernd. Und da kaum jemand in der Nähe eines solchen Lagers wohnen will, ist es oft noch schwieriger, einen politischen Konsens dafür zu finden. Deshalb wird der Großteil des inzwischen angelaufenen Atommülls nach wie vor in „Zwischenlagern“ gebunkert.
Das noch größere Problem ist jedoch die Gefahr, die bei AKW ständig im Hintergrund mitschwingt. So wurde der Super-GAU in Tschernobyl zwar in weiten Teilen durch menschliches Versagen und eine autokratische Kultur des Nichtwidersprechens Untergebener in der sowjetischen Atomverwaltung verursacht. Dass aber auch westliche Industrieländer nicht gegen Extremsituationen gefeit sind, zeigen das japanische Fukushima und der Unfall im amerikanischen Three Mile Island.

Es gibt also gute Gründe, die Atomkraft nicht als Teil einer zukünftigen Energieversorgung zu sehen. Diese sollte vielmehr auf erneuerbare Quellen wie Wind, Wasser und vor allem Sonne ausgerichtet sein.

Werden hier die Kapazitäten ausgebaut, könnte in einigen Jahrzehnten die Vision der Energiewende Wirklichkeit werden. Demnach ist Ökostrom dann in einem solchen Überschuss vorhanden, dass dieser in großem Stil in Wasserstoff umgewandelt und in unterirdischen Speichern gelagert werden kann. Damit wäre es endlich möglich, auch in dunklen und kalten Wintern ohne die Nutzung fossiler Energieträger jegliche Energiebedürfnisse zu erfüllen.

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